Bereits heute deutliche Steigerung der Artenvielfalt als Folge natürlicher Waldentwicklung nachweisbar
Die bereits seit mehreren Jahrzehnten ungenutzten hochmontanen Waldstandorte innerhalb des Nationalpark Schwarzwald bieten schon heute die Möglichkeit, einen Blick in die Zukunft des Schutzgebiets und seiner Bewohner zu werfen. Laut aktueller Auswertungsergebnisse einer vom Nationalpark Schwarzwald initiierten Studie, sieht diese insbesondere für die totholzbewohnenden Käferarten rosig aus. In den letzten zwei Jahren wurde die Bedeutung der natürlichen Waldentwicklung für die kleinen Waldbewohner im Bannwald hoher Ochsenkopf untersucht und eine bemerkenswerte Erhöhung der Artenzahl festgestellt.
„Wir konnten mit einem breiten methodischen Spektrum 187 holzbewohnende Käferarten nachweisen, womit für den Bannwald Hoher Ochsenkopf insgesamt 206 Arten als belegt gelten“, freut sich der Freiburger Biologe Jochen Schünemann, der vom Nationalpark mit der Durchführung der Studie betraut wurde. „Das sind 104 mehr, als in der Erstuntersuchung im Jahr 1996“, ergänzt Schünemann. Auffällig sei dabei nicht nur die Zunahme der Artenzahl in der seit 1970 ausgewiesenen Bannwaldfläche, sondern gerade auch die deutliche Zunahme an bundesweit bedrohten Käferarten. „Viele der Arten sind lediglich in diesem Naturraum innerhalb Baden-Württembergs anzutreffen, fünf holzbewohnende Käferarten konnten sogar erstmals in unserem Bundesland nachgewiesen werden“, so Schünemann.
Urwälder und seit langer Zeit unbewirtschaftete Gebiete, wie sie auch in Bannwäldern oder im Kerngebiet des Nationalparks anzutreffen sind, zeichnen sich im Vergleich zu intensiv bewirtschafteten Arealen durch eine besonders hohe Vielfalt an Totholzstrukturen, verbunden mit einer vielfach höheren Totholzmenge aus. Diese Strukturen und die damit verbundenen Organismen sind für das Ökosystem Wald und dessen Nährstoffkreislauf von elementarer Bedeutung und sichern langfristig dessen Existenz. Darüber hinaus dient das Totholz auch als Lebensraum für eine Vielzahl von Vögeln, Insekten, Flechten und Moosen.
Auch die Vegetation am Hohen Ochsenkopf verändert sich durch die natürliche Waldentwicklung nachhaltig. Diese hat in der einst von Fichten dominierten Fläche bereits zu einer Erhöhung des Eberesche- und Mehlbeeranteils geführt. Durch diese Entwicklung und den erhöhten Anteil liegenden sowie stehenden Totholzes stieg die ökologische Wertigkeit dieses wichtigen Bannwaldes innerhalb des Nationalpark Schwarzwald. Dr. Jörn Buse, zuständig für die Erfassung und das Monitoring von Wirbellosen im Nationalpark, erklärt: „Die Ergebnisse belegen sehr eindrucksvoll die positiven Auswirkungen von dynamischen Prozessen in Wäldern. Eine große Zahl an Arten ist vor allem an absterbende Bäume gebunden, die in Wirtschaftswäldern nur äußerst selten vorkommen.“ Insgesamt sind die Ergebnisse der Untersuchung ein eindrucksvoller Beleg für die überregionale Bedeutung des Gebiets am Hohen Ochsenkopf insbesondere für den Schutz der Biodiversität in hochmontanen Waldlebensräumen.
(Fotos: Jochen Schünemann, Freiburg)