Wahrzeichen des Schwarzwalds: das Auerhuhn
Das Auerhuhn ist einer der größten Hühnervögel Europas – und doch bekommt man das scheue Tier fast nie zu Gesicht. Ein Besuch im Auerhuhnwald.
*PLOPPKLICKKLICK* *SSSSSSSST* – so klingen die Lockrufe des Auerhahns, des männlichen Auerhuhns (lat.: Tetrao urogallus). Mit stolzgeschwellter, grün-blau schillernder Brust, der charakteristischen roten Sichel über dem Auge und fächerförmig aufgestellten, schwarzen Schwanzfedern stakt der stolze Auerhahn über den Balzplatz und gibt unermüdlich Geräusche von sich, die für menschliche Ohren am ehesten nach knallenden Sektkorken und dem Schleifen einer Sense klingen. Jedes Jahr zwischen März und April geht es für die imposanten Vögel nur um eines: um die Suche nach der richtigen Auerhenne, die dann mit der folgenden Ablage von im Schnitt acht Eiern und der Kükenaufzucht die neue Generation von Auerhühnern ins Leben schickt.
Ein Leben, das lange nicht mehr so auerhuhngeeignet ist, wie es mal war. Denn die größten Feinde des Auerhuhns sind nicht Fuchs, Marder oder Wildkatze, die sowohl Jung- als auch Altvögeln gefährlich werden können. Weitaus größere Bedrohungen sind die Zersiedelung der Landschaft und die Störung durch Wanderer, Ski- und Radfahrer oder andere Waldgänger. Denn wenn das Auerhuhn eines nicht verträgt, dann ist es Stress. Im Frühjahr verhindern Störungen die Balz, sodass weniger Jungtiere schlüpfen – und im Winter bedeutet jede Störung eine Gefahr für das schiere Überleben, da die Tiere mangels kräftigender Nahrung „auf Sparflamme“ laufen.
So leben heute im Schwarzwald nur noch ungefähr 600 Tiere auf rund 50.000 Hektar. Und diese schon recht überschaubare Population ist noch die größte in Deutschland. Damit hat es das Auerhuhn auf die Rote Liste der vom Aussterben gefährdeten Arten geschafft. Dabei wird seit einigen Jahren viel in den Schutz des Tieres investiert – schließlich gilt es als „Leitart“ für den Artenschutz im Waldgebirge. Hier, auf 700 bis 2.000 Metern über Meereshöhe, im kargen, kühlen Bergwald der Mittelgebirge, dient der Schutz des Auerhuhns auch dem Erhalt typischer Pilze und Pflanzen, was wiederum für weitere Tiere überlebenswichtig ist. Dreizehenspecht, Sperlingskauz oder Kreuzotter – sie alle verdanken dem Auerhuhn und seinen sehr speziellen Vorlieben ihre Lebensgrundlage.
Ideal für das Auerhuhn sind naturnahe Wälder mit Jungwuchs, Wurzelteller umgestürzter Bäume für Sandbäder und hohe Bäume mit stabilen Ästen und guter Sicht als Schlafplatz. Und ganz wichtig: lichte Stellen, auf denen Heidelbeeren, späte Himbeeren und Preiselbeeren gedeihen können, die Leibspeise des etwa gansgroßen Vogels. In den Sommermonaten schlagen sich Auerhühner damit die Bäuche voll: Rund zwei Kilo Beeren verdrückt ein ausgewachsener, bis zu fünf Kilo schwerer Auerhahn – pro Tag! Aber auch Blätter, junge Triebe und Blüten sind willkommene Nahrung. Die nur rund zweieinhalb Kilo schweren Auerhennen suchen das lichte Unterholz zudem für die schwierige Phase der Kükenaufzucht auf – hier im Licht-und Schattenspiel werden die gut getarnten, rindenartig gefärbten Hennen mit den ebenso unscheinbaren Küken nur schwer entdeckt. Zudem dienen die auf den Sträuchern lebenden Insekten als proteinreiche Nahrung.
Im Winter begnügen sich die Tiere mit Kiefernnadeln – eine einzigartige Überlebensstrategie. Und nur möglich, da Auerhühner einen sogenannten Muskelmagen besitzen, in denen verschluckte Steinchen die Nadeln zerreiben und somit überhaupt erst verdaulich machen. Hilfreich beim Überleben im Winter sind auch die ausgesprochen großen und pelzig-dicht befiederten Füße des Vogels. Auerhühner gehören zu den sogenannten Raufußhühnern und können im Schnee wie auf Schneeschuhen laufen, denn im Winter bilden sie zusätzliche Hornstifte seitlich der Zehen aus. Trotz des kargen Lebens können Auerhühner durch diese speziellen Anpassungen mindestens zehn Jahre alt werden, einige Tiere werden von Beobachtern weit älter geschätzt. Faszinierende Tiere, die vor allem eines brauchen: dass wir sie möglichst in Ruhe lassen.
Aktionsplan Auerhuhn
Im Jahre 2008 wurde für den Schwarzwald ein Aktionsplan beschlossen, der bis ins Jahr 2033 Gültigkeit hat. Oberstes Ziel ist der Erhalt einer überlebensfähigen Auerhuhnpopulation im Schwarzwald. Dazu gehören auch die Ausdehnung der vom Auerhuhn besiedelten Flächen und die Verbindung der inselartigen Lebensräume im Schwarzwald. Für den Erfolg ist die Zusammenarbeit von Waldbau, Tourismus, Jagd und Raumplanung notwendig, begleitet werden die Maßnahmen durch Forschung, Erfolgskontrolle und Öffentlichkeitsarbeit.
(Fotos: Arne Kolb, Walter Finkbeiner – Nationalpark Schwarzwald)