Borkenkäfer, eine Unterart der Rüsselkäfer, kennen die meisten Menschen als Forstschädlinge. Fichten sind die Lieblingsspeise der wichtigsten Arten Buchdrucker (Ips typographus) und Kupferstecher (Pityogenes chalcographus). Vor allem diese kommen im Nationalpark vor. Insgesamt gibt es aber 154 Arten in Europa, weltweit 4000 bis 5000, die teilweise auch andere Baumarten bevorzugen. Normalerweise befallen sie überwiegend kranke und verholzende Gewächse. Aber der Alptraum der Waldbesitzer kann mit seiner Massenvermehrung auch gesunde Wälder schwer schädigen. Die wenige Millimeter großen Käfer bohren zur Eiablage Gänge unter die Rinde. Die geschlüpften Larven fressen sich durch die saftführenden Schichten des Baumes, das so genannte Bastgewebe. Oft tun sie das im rechten Winkel zum Eiablagekanal, die Brutgänge wirken dann wie die Zeilen eines aufgeschlagenen Buches, daher der Name Buchdrucker. Spätestens, wenn die Gänge rund um den Stamm führen, stirbt der Baum ab, weil seine Lebensadern abgeschnitten sind.
Das Borkenkäfermanagement – eine der wichtigsten Aufgaben des Nationalpark-Teams
Wie alle Tier- und Pflanzenarten im Nationalpark dürfen auch Borkenkäfer in der Kernzone ungestört schalten und walten. Relevant sind hier die oben genannten zwei Arten: Der Buchdrucker und der Kupferstecher, die beide kranke oder geschwächte Fichten ab 30 Jahren Alter befallen können. Als Bestandteil des Ökosystems sorgen die Käfer so für steten Totholznachschub und schaffen damit eine Lebensgrundlage für viele Arten, vornehmlich Pilze, Insekten, Spinnen, Asseln und Vögel. Da die Borkenkäfer-Population witterungsbedingt gelegentlich regelrecht explodieren kann, müssen die an den Nationalpark angrenzenden Wirtschaftswälder geschützt werden. Denn bei massenhaftem Auftreten kann es sein, dass selbst gesunde Bäume, die sich normalerweise mit Hilfe ihres Harzes gegen den Käfer verteidigen können, befallen werden und absterben.
Nun haben Untersuchungen gezeigt, dass der Flugradius des Borkenkäfers im Wald begrenzt ist. Bis 500 Meter um die Brutstätte herum schaffen es nur drei Prozent der Tiere. Daher wurde zwischen der Kernzone des Nationalparks, wo die Natur sich selbst überlassen bleibt, und den angrenzenden Wirtschaftswäldern ein so genannter Pufferstreifen von 500 Metern Breite eingerichtet. In diesem Streifen wird der Borkenkäfer von den Waldarbeitern des Nationalparks resolut bekämpft. Das heißt, jeder befallene Baum wird unverzüglich per App elektronisch markiert, geschlagen und abtransportiert. Zwischen der Entdeckung einer befallenen Fichte und deren Entfernung dürfen laut des zuständigen Fachbereichs 5 höchstens 14 Tage vergehen. Dies ist notwendig, da sich der Käfer in einem Populationszyklus von sechs Wochen vermehrt und der befallene Baum vor dem Ausflug der nächsten Generation entfernt werden muss.
Befallene Bäume schon im frühen Stadium zu erkennen, also vor der Vermehrung der Käfer, stellt eine große Herausforderung dar. Da die grünen Baumkronen verhältnismäßig spät absterben, muss eine wirkungsvolle Kontrolle mit rechtzeitiger Sichtung vom Boden aus erfolgen. Rötliches Sägemehl an der Rinde von den einbohrenden Käfern, Spechtlöcher oder Harzaustritte können Indikatoren für den Befall sein. Einmal wöchentlich inspizieren die Nationalpark-Forstwirte daher jeden einzelnen Baum und leiten gegebenenfalls Gegenmaßnahmen ein.
Zum ganzheitlichen Borkenkäfermanagement gehören allerdings noch weitere Gesichtspunkte. Zum Beispiel muss unter dem Aspekt der Waldentwicklung darauf geachtet werden, dass in den Pufferstreifen auch genügend Fichten im richtigen Alter wachsen, um dem Käfer überhaupt Anflugpunkte zu bieten. Hier sind Entwicklungen über mehrere Jahrzehnte vorauszuplanen und zu steuern. Auch das Monitoring ist bedeutend: So kann anhand von Käferzählungen in Lockstofffallen die Entwicklung der Population beobachtet und bei einem Anstieg schon frühzeitig mit der Planung von Gegenmaßnahmen begonnen werden.
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