Katrin Buhrke ist seit 1. Juni 2014 Bürgermeisterin der Nationalparkgemeinde Forbach im Landkreis Rastatt. Forbach zählt ca. 4.800 Einwohner und neun Eingemeindungen. Die 42-Jährige ist in Forbach aufgewachsen, hat in Heidelberg Rechtswissenschaften studiert und war zuvor als Strafverteidigerin tätig.
In die Heimat zurückkehren, und dann als Bürgermeisterin, wie fühlt sich das an?
Katrin Buhrke: „In die Heimat zurückzukehren, um in der Gemeinde, in der man groß geworden ist, etwas bewegen zu dürfen, fühlt sich gut an.“
Sie sind die erste Bürgermeisterin im Landkreis Rastatt. Ist das Bonus oder Bürde?
Katrin Buhrke: „Ehrlich gesagt war mir das nicht bewusst, als ich mich für das Amt beworben habe. Das durfte ich erst am Wahlabend erfahren. Die ständige Diskussion um die Geschlechter ist ohnehin kein Thema, in dem ich mich zu Hause fühle. Ich komme aus einem Beruf, im dem das keine Rolle spielt. Ich wollte Bürgermeisterin werden, habe mich um das Amt beworben und wurde gewählt. Zufällig war ich eben die erste Frau.“
Ihr Amtsantritt und der Nationalpark haben etwas gemeinsam…
Katrin Buhrke: „Stimmt. Wir sind beide seit 2014 in Amt und Würden. Der Nationalpark war allerdings schon fünf Monate alt, als ich Bürgermeisterin von Forbach wurde.“
War das NEIN der Forbacher zum Nationalpark noch Wahlkampfthema?
Katrin Buhrke: „Ich habe aus der Ferne natürlich beobachtet, dass hier in Forbach viel Gegenwind herrschte. Doch als ich mich für das Amt beworben habe, gab es den Nationalpark bereits und Forbach war damit Nationalparkgemeinde. Ich musste mich nicht dagegen oder dafür aussprechen, sondern meine Arbeit darauf ausrichten, Forbach gut zu positionieren. Ich führe keine Grundsatzdiskussionen ohne Ziel. Ich setze meine Energie lieber dafür ein, gemeinsam Lösungen und Angebote zu erarbeiten und umzusetzen. Da bin ich ganz pragmatisch.“
Was hat sich in Forbach geändert, seit es den Nationalpark gibt?
Katrin Buhrke: „Einiges, und in ganz unterschiedlichen Bereichen. Selbst in meinem direkten Arbeitsumfeld, im Gemeinderat. Auch hier herrschte anfänglich breite Ablehnung und Skepsis. In 2017 hat sich das gesamte Gremium eine gemeinsame Leitvision erarbeitet, an welcher sich die künftigen Entscheidungen des Gremiums orientieren. Hierin wurde auch einstimmig formuliert, dass unsere Gemeinde durch den Nationalpark punktet. Auch die Zusammenarbeit mit den regionalen Partnern hat sich verbessert. Die Nationalparkregion rückt immer weiter zusammen. Vor fünf Jahren ist der Verein Schwarzwaldhochstraße zur Nationalparkregion geworden und jetzt stehen wir kurz davor, sie in eine GmbH umzuwandeln. Diese engere Zusammenarbeit in der Region bewerte ich als sehr positiv“.
Nun sprach die Bürgermeisterin, doch was sagt die Bürgerin?
Katrin Buhrke: „Wir, die wir hier wohnen, sind es gewohnt, mitten in dieser Schönheit der Natur zu leben. Möglicherweise war das für uns schon zu selbstverständlich. Unsere Gäste weisen uns täglich auf dieses Privileg hin. Das scheint wieder stärker in unser Bewusstsein gerückt zu sein. Es ist spürbar, dass wir die Besonderheit unserer Gegend wieder stärker wahrnehmen. Der Nationalpark hat uns dafür neu sensibilisiert und damit unsere Wahrnehmung geändert.“
Das klingt gar nicht ablehnend, fast schon zugetan, oder?
Katrin Buhrke: „Tatsächlich hat die ablehnende Haltung in unserer Gemeinde meinem Empfinden nach abgenommen. Ich würde sagen, die „ablehnende Haltung“ hat sich zu einer „gespannten Erwartung“ entwickelt. Bürgerinnen und Bürger mit einer kritischen Haltung wird und darf es weiterhin geben. Soweit sich ursprüngliche Befürchtungen nicht bestätigten, sondern gar ins Gegenteil verkehren, erreicht uns auch das ein oder andere Lob.“
Zum Beispiel?
Katrin Buhrke: „Als kleines Beispiel unsere Langlaufloipen. Diese sind und waren ein großes Thema – eines, bei dem sich die anfänglichen Befürchtungen nicht bestätigten und wir feststellen durften, dass dieses Angebot durch den Nationalpark besser läuft als je zuvor. Das Positive einer Entwicklung zu erkennen und auch zu loben, gerade wenn man anderer Meinung ist, ist so wichtig für ein Miteinander und die weitere Entwicklung. Es freut mich, dass das in Forbach immer besser funktioniert.“
Hat die Gemeinde mehr Gäste durch den Nationalpark?
Katrin Buhrke: „Im Bereich Tourismus habe ich dafür noch keine belastbaren Zahlen. Aber der Park ist noch jung, es ist noch zu früh für valide Daten. Forbach hatte schon immer viele Tagestouristen – darunter Wanderer, Radfahrer oder auch Langläufer. Mein Gefühl sagt mir, es sind mehr Gäste geworden – letzten Sommer signifikant mehr. Damit stehe ich nicht allein. Ob dies allerdings dem Nationalpark geschuldet war oder auch den neuen, erlebnisorientierten Angeboten hier in Forbach, wie zum Beispiel dem Baumzelt-Camp oder dem Bogenparcour, lässt sich nicht sagen. Vermutlich bedingt das eine das andere.“
Ist der Wolf jetzt das neue Thema, das kontrovers diskutiert wird?
Katrin Buhrke: „Sicherlich war die Ankunft des Wolfes in unserer Region und Gemeinde ein Thema, was uns in den letzten Monaten beschäftigt hat und sicherlich auch kontrovers diskutiert wurde. Hier galt es für mich zu klären, was wir konkret unternehmen können, um die für uns äußerst wichtige Beweidung weiterhin sicherzustellen. Wir haben zahlreiche Gespräche mit unseren Tierhaltern geführt, wobei sich zwei sofort bereit erklärt haben, die Zaunanlagen wolfsicher aufzurüsten und alles zu tun, was zum Schutz der Herden empfohlen wird. Im Umkehrschluss haben wir als Gemeinde und Eigentümer der Zaunanlagen entschieden, die entsprechenden Förderungen zu beantragen. Bei aller Kritik an den derzeit vorgesehenen Förderrichtlinien galt es für mich in erster Linie, mit den Tierhaltern einen Weg zu erarbeiten, um die Weiterbeweidung unserer Flächen sicherzustellen.“
Wie ist die Zusammenarbeit mit der Nationalparkführung?
Katrin Buhrke: „Sehr vertrauensvoll und eng. Es findet ein regelmäßiger Austausch statt. Auch finden wir mit unseren Themen, wie aktuell der Verkehrsbelastung in unserem Ortsteil Herrenwies gemeinsam mit der sich dort gegründeten Interessensgemeinschaft nicht nur Gehör, sondern auch Unterstützung durch die Nationalparkverwaltung. “
Das klingt harmonisch. Gibt es aktuell auch Spannungsfelder?
Katrin Buhrke: „Natürlich gibt es Themen, welche es unter Einstellung der unterschiedlichen Belange zu bearbeiten galt. Beispielsweise ist Forbach Eigentümer eines Wirtschaftswaldes, auf der anderen Seite steht der Nationalpark. Und natürlich gibt es diesbezügliche Themen, wie den Borkenkäfer oder die Bejagung. Egal, um was gefochten wird: Wir haben es immer geschafft , darüber zu sprechen. Hier gilt es sicherlich, weiterhin im Austausch zu bleiben, Erfahrungen zu sammeln und gegebenenfalls nachzujustieren.“
Haben Sie eine Lieblingsecke im Nationalpark?
Katrin Buhrke: „Eigentlich nicht. Es gibt so viele schöne Ecken und eine jede kann zu unterschiedlichen Zeiten die schönste sein. Jedenfalls zieht mich Wasser magisch an, so dass die Seen sicherlich meine Lieblingsplätze sind. Außerhalb des Nationalparks ist es die Murg, an der sich zahlreiche meiner Lieblingsplätze befinden. Schon als Kind hat mich dieser raue, wilde Flusslauf fasziniert und das hat sich bis heute nicht geändert.“
Das klingt so, als gäbe es einen aktuellen Bezug?
Katrin Buhrke: „Ja, den gibt es. Kürzlich haben wir Forbacher uns ein neues Gesicht gegeben, in Form eines neuen Logos und Leitmotivs. Mein Vorschlag wurde angenommen: „Die wilde Mitte des Tals“. Und genauso empfinde ich Forbach mit seiner Murg.“
Weshalb empfinden Sie das so?
Katrin Buhrke: „Das lange Murgtal hat viele unterschiedliche Gesichter, aber in seiner Mitte, hier bei uns, ist es besonders wildromantisch. Das Wasser rauscht um große Steine und Felsen im Flusslauf, links und rechts säumen hohe Bäume die Ufer. Ich sitze gerne auf solch einem großen Stein, lass meine Gedanken treiben und genieße, was ich rieche, höre und was um mich herum flattert. Manchmal ist das sogar ein kleiner Eisvogel. Das sind schöne Auszeiten, die ich mir immer wieder gönne. Und das ohne großen Aufwand, denn ich habe das Glück, neben der Murg zu wohnen.“
Apropos Vogel: Sind Sie ein Morgen- oder Abendmensch?
Katrin Buhrke: „Jedenfalls kein früher Vogel. Die Nachtigall ist der erste, der Uhu der letzte Vogel, heißt es. Dann bin ich wohl am ehesten eine Amsel, also in der Mitte zu verorten.“
Was wünschen Sie sich für Forbach und für den Nationalpark?
Katrin Buhrke: „Ich wünsche mir für unsere Gemeinde Forbach sehr vieles, in Bezug auf den Nationalpark jedoch, dass es unserer Region gelingt, sich weiter positiv zu entwickeln. Grundsätzlich würde ich mich freuen, wenn wir weiter „gespannt erwarten“ und offen mit allem umgehen – auch mit anderen Positionen. Jeder sollte einen Schritt zurückgehen, um die Position des anderen besser betrachten zu können. So wäre manches viel leichter zu beurteilen. Geduld wünsche ich mir ebenso. Wir neigen dazu, schnelle Ergebnisse erzwingen zu wollen. Der Park ist noch jung, er braucht Zeit. Apropos Alter: Wahrscheinlich sind wir alle zu alt, um zu sehen, was sich wie entwickelt und auswirkt. Die nächste Generation wird die Ergebnisse und Entwicklungen sicher besser beurteilen können.“