Bushcrafter“ klingt mächtig! Ein bisschen nach schwerem Gerät! Und glaubt man Erzählungen, meinen nicht wenige Zeitgenossen, dass sich hinter einem „Bushcrafter“ eines jener hochtechnologischen Ungetüme verbirgt, mit dem Waldarbeiter Bäume nicht nur fällen, sondern an Ort und Stelle entasten, schälen und zu guter Letzt auch noch zersägen. Doch weit gefehlt: Ein „Bushcrafter“ ist niemand, der mit schwerem Gerät anrückt, sondern einer, der sich eng verbunden mit der Natur fühlt, diese schützen und im philosophischen Sinn auch zu ihr zurückfinden will. Soweit der theoretische Ansatz. Die Praxis ist komplexer. Denn das „Bushcraften“, also das Buschhandwerken, ist eine Entwicklung, die von Naturschützern, und an dieser Stelle explizit im Nationalpark, mit gemischten Gefühlen gesehen wird, denn wie so oft im Leben muss auch hier die Dosierung stimmen.
Im Prinzip geht es beim „Bushcraften“ nur darum, mit wenigen Hilfsmitteln das Leben abseits von Heim und Herd zu sichern; und dies durchaus für eine längere Zeit. Man richtet sich also ein in der Natur – möglichst unberührt natürlich – und versucht sich von dem zu ernähren, was die Erde hergibt, Wasser aufzubereiten und ohne Streichhölzer Feuer zu entfachen. Und selbstredend braucht man auch ein Dach über dem Kopf, um sich vor Hitze oder Kälte, Nässe oder Sturm zu schützen. „Bushcrafter“ nennen dies einen „Shelter“ bauen oder suchen. Eigentlich klingt das romantisch und nicht wenige sehen jetzt vor ihrem geistigen Auge den Trapper Lederstrumpf und seinen Mohikaner-Freund Chingachgook durch die Prärie streifen. Und tatsächlich liegen die Wurzeln dieses sehr archaischen Umgangs mit der Natur bei den indigenen Naturvölkern und der Phase der Kolonialisierung. Man musste sich zwangsläufig aneignen mit wenig klar zu kommen, wenn man vermeintlich wilde und unbekannte Gebiete in Besitz bringen wollte; jedenfalls Landstriche, in denen es null Infrastruktur gab.
Was seinerzeit überlebensnotwendig gewesen war, hat heute jedoch eher spirituellen Charakter. Die Rückbesinnung auf die Natur wird oft auch als Gegengewicht zum technologischen Fortschritt und als Kampf gegen einen Rückgang der menschlichen Sinne angesehen. Unsere Informationsüberflutung versus den einsamen Sitzplatz am Lagerfeuer. In einer 2014 erfolgten Studie zum Thema „Bushcraft“ in den USA waren sich fast alle Probanden einig, dass ihre Bushcrafting-Praxis eine Beziehung zwischen ihnen und der natürlichen Welt herstelle, dass sie die Eigenständigkeit in der Natur erhöhe und dies dem psychischen Wohlbefinden zugutekomme. Und es sei wichtig, diese traditionellen Lebenskompetenzen für die zukünftigen Generationen zu bewahren. Explizit nachgefragt, war es den Befragten weitaus wichtiger die „Natur hautnah zu erleben“, als die Fähigkeit zu erlangen, in apokalyptischen Szenarien zu „überleben“.
Einem grenzenlosen Naturempfinden sind in Deutschland allerdings keine natürlichen, sondern juristische Grenzen gesetzt. Der Bund untersagt viel, die Länder oftmals noch ein wenig mehr und der Nationalpark wiederum hat sein eigenes Gesetz. Allen gemein ist der Schutz der Natur im weitesten Sinne. Da wir uns nicht im Mittleren Westen des 19. Jahrhunderts bewegen, sondern in einer dicht besiedelten Industrienation, sind Regeln wichtig, ja unerlässlich. Die Erfahrung zeigt, dass der Mensch per se eher zerstört denn erhält – sei es aus Unachtsamkeit oder purer Ignoranz. Deshalb gilt: kein offenes Feuer, kein Campen ohne Erlaubnis. Franziska Lemoine, Pressesprecherin des Nationalparks wirbt um Verständnis: „Unkontrolliertes Campieren bringt erhebliche Beeinträchtigungen mit sich.“ Sie nennt zurückgelassene Abfälle, den Toilettengang im Gebüsch und die Störung der Wildtiere durch die menschlichen Aktivitäten. „Aufgrund der ohnehin hohen Besucherzahlen im Nationalpark bleiben den Wildtieren häufig nur die Abend- und Morgenstunden sowie die Nacht für ihre Ruhephase.“ Mag sein, dass einige Ge- und Verbote schwer nachvollziehbar sind, aber dass jedermann ungezügelt in der Natur schalten und walten kann, will er will, ist sicherlich keine Alternative.