Das neue Nationalparkzentrum ist als fantasievolle Mensch und Natur geplant
Mittels moderner Technik spiegelt sie die Natur vor ihren Toren auf über 1.000 Quadratmeter Ausstellungsfläche. Besucher werden vom reinen Voyeur auch zum Akteur.
Eigentlich wollte Ursula Pütz die ersten Besucher bereits Ende 2020 im neuen Nationalparkzentrum empfangen, doch Corona machte auch der Leiterin des Nationalpark zentrums einen Strich durch die Rechnung. Wann es losgehen darf, steht derzeit noch in den Sternen. Gleichwohl: Die Vorfreude ist groß!
Nicht nur drauf schauen, mitten drin erleben
Große Glasfronten ermöglichen Gästen den Blick hinein in den Wald und laden die Natur gleichermaßen ein. So korrespondieren realer Makro- und simulierter Mikrokosmos und die Besucher sind mittendrin. „Es geht uns bei allen Installationen darum, für die Nationalparkidee zu begeistern, den großen Zusammenhang in unserer Natur darzustellen und anschaulich zu vermitteln, wie alles zusammenspielt und einander bedingt“, erklärt Pütz. Auf mehr als 1.000 Quadratmeter erzählt die neue Dauerausstellung von der im Park beheimateten Natur, von besonderen Ereignissen darinund von ihren Bewohnern. Dafür fertigen Präparatoren originalgetreue Modelle von Pflanzen und Tieren, die typisch für den Nationalpark sind. Sie bilden sogar ganze Landschaftsausschnitte in sogenannten Dioramen nach. Was zu klein für das menschliche Auge ist, über eine größere Zeitspanne oder unter der Erde stattfindet, wird unter anderem mit Hilfe von Animationstechnik nachgestellt: Etwa die Lichtstimmungen eines gesamten Tagesverlaufs im Nationalpark, wie ein Samen bis zu malten Baum heranwächst oder Lebensräume sich im Verlauf eines oder mehrerer Jahre verändern. Zeichner und Visual Artists (Computerspezialisten) sind damit beauftragt, die einzelnen Entwicklungsstadien in kleinsten Schritten zu skizzieren, die dann in Animationsfilmen zusammengesetztwerden.
Mehrsprachig und barrierefrei
Informationen werden nicht nur animiert, sondern auch per Text vermittelt. Das geschieht hauptsächlich digital und auf Schautafeln. „Damit sind wir flexibler und es spart Platz“, rechtfertig Pütz die Maßnahme, dass nur wenig gedruckte Information vorgehalten werden wird. Die neue Ausstellung ist in drei Sprachen angelegt in Deutsch, Englisch und Französisch und jeder kann die gewünschte Sprache individuell einstellen. Dank der digitalen Technik können weitere unkompliziert ergänzt werden. Was zu hören sein wird, ist auch in Gebärdensprache übersetzt und was zu sehen ist, wird mit anderen Sinnen erlebbar gemacht. Barrierefreiheit ist im neuen Besucherzentrum für jede Art von Einschränkung vorbildlich umgesetzt.
Platz für vieles mehr
Neben einem großzügigen Infotresen und modernem Kino findet im Foyer Gastronomie mit etwa 80 Sitzplätzen Raum. Die Nationalpark-Region wird mit einer touristischen Beratungsstelle und einem Verkaufsshop vertreten sein. Zwei Werkstatträume für Pädagogen mit Schulklassen sind ebenso vorgesehen. 150 Quadratmeter des Neubaus sind für Wechselausstellungen reserviert. „Wir brauchen eine Plattform, um die Neuigkeiten des Nationalparks zu präsentieren, etwa Erkenntnisse unserer Wissenschaftler“, sagt Pütz. Das Team von derzeit elf Mitarbeitern wird um fünfeinhalb Stellen und Hausmeister erweitert, die es bisher nicht gab. Manpower, die dringend gebraucht wird. 100.000 Besucher jährlich werden langfristig imneuen Zentrum erwartet, gut 85.000 mehr als aktuell im alten Gebäude. Laut der 38-Jährigen ist das eine realistische Einschätzung, die über Vergleichswerte von ähnlich großen Häusern wie in Berchtesgaden oder im Bayerischen Wald erhoben werden konnte.
„Entdecke die Möglichkeiten“
Das neue Besucherzentrum eröffnet eine Vielzahl an neuen Nutzungsmöglichkeiten gerade für Veranstaltungen des Nationalparks, die vom Team um Ursula Pütz koordiniert werden. Darunter Führungen mit Ranger oder Wissenschaftlern, Kräuter- oder Vogelkunde, Angebote mit Übernachtungen in der Wildnis oder Diskussionen in Expertenrunden. Besucher für den Nationalpark und die Schwarzwälder Natur über das neue Haus zu begeistern und Anlaufstelle für Fragen rund um den Nationalpark und das ganze Gebiet zu sein, spornt Pütz ungemein an. Die gebürtige Rheinländerin ist selbst begeistert vom Schwarzwald; sie ist hier heimisch geworden. Wann immer sie kann, schnürt sie die Wanderstiefel und streift gemeinsam mit ihrem Mann durch die weniger frequentierten Schönheiten des Nationalparks. Wo diese zu finden sind, verrät sie nicht. „Dann wäre es ja nicht mehr geheim“, sagt sie mit rheinischem Humor und ganz viel Schwarzwälder Ernsthaftigkeit.
Aufgewachsen ist Ursula Pütz in Mönchengladbach. In Bonn und in der französischen Stadt Lille studierte sie Geografie und schloss mit dem Diplom ab. Ihre erste Anstellung führte sie 2009 nach Kehl. Dort war die heute 38-Jährige als Umweltpädagogin bei der Stadt angestellt. Seit 2014 verantwortet Ursula Pütz den Sachbereich „Besucherzentren im Nationalpark Schwarzwald“. Diese Position teilte sie sich zunächst mit Elke Osterloh, die 2019 in den Ruhestand verabschiedet worden ist. Ursula Pütz war nicht immer amRuhestein tätig. Von 2016 bis 2018 war sie nach Stuttgart ins Umweltministerium abberufen und dort für die Belange des Nationalparks zuständig. Verheiratet ist die gebürtige Rheinländerin mit einem Schwarzwälder.