Karseen im Nordschwarzwald
Die Karseen im Schwarzwald, die auch in Corona-Zeiten ein wunderbares Ausflugsziel sind, waren den Menschen von jeher nicht geheuer. Sie empfanden sie als unergründlich tief und glaubten, sie verhüllten eine fremde Welt und seien von Wassergeistern bewohnt. Spätestens dann, wenn sie an einem trüben Tag im dunklen Schwarzwald urplötzlich vor einer mächtigen Karwand standen, an deren Fuß, gesäumt von Nebelschwaden, ein schier endlos tief wirkender schwarzer See liegt, ging die Phantasie mit den Altvorderen durch.
So ranken sich jede Menge Mythen und Sagengeschichten um die abgeschlossenen Wasserflächen, die finsteren Augen gleich die Umgebung betrachten. Ob kleiner roter Drache, „Seemännle“ oder die „Jungfrau vom Mummelsee“– der Geschichten gibt es viele. Und die meisten von ihnen sind Gott sei Dank bis heute überliefert. Inzwischen wissen wir längst, was es mit den Karseen auf sich hat, die heutzutage als ökologisches Kleinod unter besonderem Schutz stehen. Der Naturpark Schwarzwald Mitte-Nord hat jetzt eine wunderbare Broschüre aufgelegt, in der die zehn Karseen des Nördlichen Schwarzwaldes aufgeführt und beschrieben sind.
Karseen entstanden in der letzten Kaltphase im Alpenraum, der Würmeiszeit. Diese begann vor rund 115.000 Jahren und ging erst vor etwa 11.700Jahren zu Ende. Die mittlere Temperatur im Schwarzwald lag damals 8 bis 10°C niedriger als heute, das sorgte in den Höhenlagen für Dauerfrost und Gletscher. Lange Zeit galten die Kare im Schwarzwald, die nicht immer einen See hervorbrachten oder dessen Oberfläche schon lange verlandet ist,als Ergebnis von Bergstürzen oder Abrutschungen. Erst im Jahr 1894 wurde erkannt, dass sie eiszeitliche Erscheinungen darstellen. Der Österreicher Eduard Richter, Gletscherforscher und Alpinist, erkannte die Entstehung der Karwand und Karmulde im Zusammenhang mit Schneeverdichtungen und Frostwirkung am Felsen. Spannend ist auch die Verteilung der Kare und Karseen im gesamten Schwarzwald. Während im nördlichen Bereich, also dem heutigen Gebiet des Naturparks Schwarzwald Mitte/Nord nach der Eiszeit 129 Kare entstanden, waren es im Süden lediglich 20 Kare. Verantwortlich hierfür ist die unterschiedlich eBeschaffenheit des Untergrunds. Im Nordschwarzwald liegt auf dem Grundgebirge eine oftmals mehrere hundert Meter dicke Schicht aus „weichem“ Buntsandstein. Der Sand, der zur Bildung des Buntsandsteins führte, wurde zu Beginn des Mesozoikums vor rund 250 Millionen Jahren, also noch vor der Bildung des Oberrheingrabens und der Gebirge, von Flüssen in einem damals flachen Becken abgelagert, das sich bis nach Norddeutschland erstreckte. Im Südschwarzwald hingegen liegt der Boden direkt auf dem kristallinen, harten Grundgebirge auf und war weniger empfänglich für den Jahrtausende währenden Druck der Gletscher.
Die jetzt vorliegende Broschüre des Naturparks beschreibt Herrenwieser See, Schurmsee, Blindsee, den weithin bekannten Mummelsee, Ellbachsee, Sankenbachsee, Glaswaldsee, Huzenbacher See, Wilder See und Buhlbachsee. Ergänzt wird dieBeschreibung mit statistischen Daten, der Entstehungsgeschichte, Sagen und Legenden, der Veränderung im Schwarzwald allgemein, der Flora und Fauna und natürlich mit Wanderempfehlungen.