Brenner Michael Scheibel, Kappelrodeck
Michael Scheibel führt eine Brennerei – wie viele andere auch im Achertal. Was ihn auszeichnet sind ungewöhnliche Brennverfahren, mit denen er hochwertige Spirituosen herstellt, und eine unbändige Innovationskraft, die unlängst einen Single Malt Whisky aus dem Achertal zutage förderte. Nach über 30 Jahren hauchte Michael Scheibel, Inhaber der Emil Scheibel Schwarzwald-Brennerei in Kappelrodeck, der stillgelegten Scheibel-Mühle als Whisky-Destillerie neues Leben ein.
Michael Scheibel, Enkel von Emil und Sohn von Louis Scheibel, ist ein großer, entspannt wirkender Mann, der sich Zeit zu nehmen weiß. Im Allgemeinen, vor allem auch für seine Produkte: Zeit, die es braucht, bis aus frisch geernteten Früchten hochwertige Brände, Wasser, Geiste oder Liköre entstehen. Aber auch Zeit für große Projekte wie die Mühlen-Destillerie! Wo früher Getreide gemahlen und Brot gebacken wurde, wird seit 2014 feinster Single Malt Whisky hergestellt, der nach über dreijähriger Lagerung im Juli 2018 mit der Eröffnung der Mühle auf den Markt kam. Davor lag die Mühle, dieses Kleinod an der Acher, rund 30 Jahre im Dornröschenschlaf. Das denkmalgeschützte Gebäude wurde in den letzten Jahren liebevoll restauriert und sukzessive zur Whisky-Destillerie umgebaut. Details aus früheren Zeiten im Innern, wie eine alte Mehlsackrutsche und Transmissionen, wurden erhalten und erinnern daran, dass im „Grünen Winkel 7“ früher Getreide gemahlen und Brot gebacken wurde. Außerdem erzeugt eine Turbine im Keller aus dem Jahre 1954 die benötigte Energie; der Überschuss geht direkt in die Brennerei oder ins öffentliche Netz. „Getreide spielt somit noch immer eine zentrale Rolle in diesem Gebäude, allerdings jetzt in flüssiger Form. Heute wird aus Gerste feinster Single Malt Whisky gebrannt“, sagt Firmenchef Michael Scheibel.
Hinsichtlich der Nutzung habe es immer wieder Ansätze gegeben, die vom Altersheim bis hin zur Gastronomie reichten, erklärt Scheibel. Doch all das habe nicht zur Unternehmensidentität gepasst. Die Idee, in der Mühle eine Whisky-Destillerie zu etablieren, sei schließlich zwei Umständen zu verdanken gewesen: Erstens sei der von Scheibel 2008 eingeführte „it’s woodka“, ein fassgereifter Weizen-Wodka, bei Kunden so gut angekommen, dass der Wunsch nach einem Whisky laut wurde, und zweitens habe Whisky aus dem deutschsprachigen Raum in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen. Scheibel: „Mit der Fasslagerung hatten wir damals mit unseren Obstbränden und dem „it’s woodka“ bereits Erfahrung – und somit keine Zweifel, dass wir auch einen hervorragenden Whisky würden herstellen können.“
Aus einer ersten Idee wurde bald schon ein konkreter Plan, und die Renovierungsarbeiten in der Mühle konnten beginnen. Dabei ging Michael Scheibel keine Kompromisse ein. „Von Anfang an war klar, dass wir für unseren Whisky eine eigene Destille bauen werden. Der bequemere und auch günstigere Weg wäre sicherlich gewesen, den Whisky einfach auf unsere Obstbrennblasen zu destillieren – aber hier hätten wir geschmackliche Einbußen in Kauf nehmen müssen.“ Zudem seien die handgehämmerten, speziell für die Brennerei entwickelten Kupferbrennblasen mit typischem Schwanenhals optisch ein echter Blickfang. Denn wichtig: die Brennanlage ist nicht versteckt in einem Nebenraum, sondern wesentlicher Bestandteil des Konzepts. Chef-Destillateur Frank Blechschmidt: „Wenn wir brennen, ist der Kunde immer mittendrin im Herstellungsprozess, kann also alles live miterleben.“
Im Juli 2018, nach 3,5 Jahren Reifezeit der Erstproduktion, haben Michael Scheibel und sein Team die erste Abfüllung des Single Malt Whiskys auf den Markt gebracht, und ganz offensichtlich war der Achertaler Brennerei hier etwas Gutes gelungen. Die Architektur des ehemaligen Mühlen-Gebäudes, erklärt Scheibel, tue dem Whisky bei der Reifung besonders gut. Denn dieser lagert auf insgesamt vier Etagen in unterschiedlichen Temperatur- und Klimazonen. Die Acher, die unter der Mühle hindurchführt, bringt zusätzlich Feuchtigkeit und Kühle ins Gebäude. Scheibel: „Im Sommer herrschen unter dem Dach fast schon tropische Temperaturen bis zu 45 Grad, im Winter wird es auch mal eisig kalt, Minus 10 Grad sind keine Seltenheit. All das sorgt für reichlich Bewegung im Fass, und das macht, wie wir es sagen, den Herzschlag von unserem ‚EMILL Single Malt Whisky‘ aus.“ Der Name EMILL ist übrigens eine Hommage an den Firmengründer und den Ort, an dem alles begonnen hat. „E“ von Emil und „Mill“ im englischen für Mühle.
Scheibels Produkte haben längst den heimischen Korridor verlassen. Sie sind in der Spitzengastronomie zu finden, im internationalen Fachhandel, und sie fliegen auch in der Business-Class der Lufthansa um die ganze Welt. Auch der Whisky ist wieder solch ein Produkt aus dem Schwarzwald, das auf der Erfolgsleiter nach oben geklettert ist. Es ist das weltweit bekannte Image des Mittelgebirges, das bei der Vermarktung sicher hilft, zuallererst aber ist es die hohe Qualität der Rohstoffe und die Innovationskraft der handelnden Personen.
Insofern sind Scheibel auch die Ziele der Naturparke wie Nachhaltigkeit oder regionale Produkte geradezu auf den Leib geschneidert. „Es ist wichtig, dass es solche Einrichtungen gibt. Meine Familie ist mit der Region stark verwurzelt und fühlt sich der Tradition verpflichtet. Naturparke fördern dieses Gefühl, und ich hoffe sehr, dass sich noch viele andere Produzenten diesem Gedankengut anschließen. Hier finden wir viele ausgezeichnete Rohstoffe für unsere Produkte und liefern den Schwarzwald in die ganze Welt.“ Auch EMILL hat‘s bewiesen.
Was ist eigentlich ein……Brand oder Wasser? Brände und Wässer werden aus Früchten hergestellt. Der Alkohol entsteht bei der Gärung aus dem Fruchtzucker. Die nun alkoholhaltige Fruchtmaische wird erhitzt, bis der Alkohol gasförmig wird, aufsteigt und im Kühlrohr dann wieder zu Flüssigkeit kondensiert. Das nennt sich Destillation. Für Edelbrände wird sogar zweifach destilliert. Das Ergebnis ist reiner Alkohol. Dieser wird zur Abfüllung mit klarem Quellwasser auf die Volumenprozente verdünnt, die den Geschmack der verwendeten Fruchtsorte voll zur Geltung bringen. Der Unterschied: Als Brand bezeichnet man im Allgemeinen Produkte aus Kernobst (Birnenbrand). Ein Wasser gewinnt man aus Steinobst (Kirschwasser).
…Geist? Geiste entstehen aus hocharomatischen Früchten, die aber wenig Zucker enthalten, wie Himbeere oder Schlehe. Diese Früchte werden in Neutralalkohol eingelegt und geben ihr intensives Aroma (also ihren „Geist“) an den Alkohol ab. Das nennt man Mazeration. Anschließend wird das Alkohol-Fruchtgemisch einfach destilliert.
Geschichte: Der Bischof von Straßburg erlaubte 1726 den Achertälern ganz offiziell die Brennerei. Das stärkte die Wirtschaft, half bei der Früchteverwertung und bescherte – sicherlich nicht der unwichtigste Punkt der bischöflichen Überlegungen – der Kirche hohe Einnahmen. Bis heute liegt auf so gut wie jedem Hof in der Region eine Brennerlaubnis. Meistens sind das sogenannte Abfindungsbrennereien für den Eigenbedarf. Demgegenüber gibt es Erwerbsbrennereien, die ihre Erzeugnisse verkaufen dürfen. Zu diesen gehört auch die 1921 gegründete Brennerei Emil Scheibel.