Ranger gehen in die Luft
Frühaufsteher sehen die Welt mit anderen Augen. Was für ein Spektakel hielt das Universum an jenem Septembermorgen für all jene bereit, die den Übergang von der Nacht in den Tag nicht im Tiefschlaf verbrachten. Im Westen leuchtete noch ein riesiger Vollmond, als sei es sein letztes Aufbegehren gegen das sich schon abzeichnende Morgenrot; und die Sonne im Osten machte sich daran, den Horizont mit intensiven Farben zu erobern. Es war auf der Strecke zwischen Horb und Freudenstadt, als die Natur den Betrachter beglückte – egal wohin er schaute. Ein berührender Auftakt in einen Spätsommertag, der eine Gruppe ehrenamtliche Ranger des Nationalparks Schwarzwald in einem Heißluftballon in die Lüfte entführte und knapp zwei Stunden später auf einem Feld bei Pfalzgrafenweiler wieder sanft aufsetzen ließ.
Gemessen an den Emotionen, die der Wechsel von Nacht zu Tag ausgelöst hatte, war der Treffpunkt der Ballonfahrer am Baiersbronner Bahnhof ernüchternd. Es war mit deutlich unter zehn Grad schlicht und ergreifend lausig kalt. Manfred Beck, der seit vielen Jahren den dunkelgrünen Ballon von Alpirsbacher Klosterbräu steuert, wartete in kurzen Hosen und barfuß in Sandalen. Ganz schön abgebrüht. Alpirsbacher hatte in Abstimmung mit dem Freundeskreis des Nationalparks die Fahrt spendiert, um so denjenigen Dank zu sagen, die sich ehrenamtlich in den Dienst des Nationalparks stellen. Vier Ranger durften zusteigen; es waren diejenigen, denen es möglich war, den wetterbedingt kurzfristig anberaumten Start wahrzunehmen.
Seit vielen Tagen schon beobachtete Ballonfahrer Beck die Wetterentwicklung; an diesem Sonntag war es endlich soweit. Wenig Wind, kein Regen, stabile Thermik. Allerdings drängte er auf einen raschen Start, weil sich die Bedingungen nur in den frühen Morgenstunden, wenn es noch kalt ist, perfekt eignen. Sobald die Sonne ihre Kraft entfaltet und die Temperaturen vor allem am Boden in die Höhe schnellen, kann es bei der Landung durch wechselnde Winde turbulent zugehen, was verantwortungsvolle Ballonfahrer zu vermeiden versuchen. „Die Sicherheit geht über alles“, sagt Beck, der mit seinen rund 2.500 Ballonfahrten ein ausgesprochen erfahrener Meister seines Fachs ist.
Am Ortsausgang in Richtung Mitteltal, auf der dortigen Festwiese, findet Beck den geeigneten Startpunkt. Jetzt geht‘s ganz flott: Korb, Hülle und Brenner raus aus dem Anhänger des Begleitfahrzeugs, das die Ballonfahrer später wieder einsammeln sollte, die rund zwanzig Meter lange Hülle ausrollen, mit dem Korb verbinden und zunächst mit einem Gebläse mit Luft befüllen. Und dann wird’s spektakulär! Der Brenner faucht, meterlange Feuerstöße züngeln in die Öffnung der Hülle und füllen sie nach und nach mit der tragenden Warmluft. Der ansonsten locker auftretende Manfred Beck ist jetzt konzentriert. Ein heikler Moment, denn Unachtsamkeit kann dazu führen, dass die rund 60.000 EUR teure Ballonhülle von den Flammen angesengt wird. Beck: „Das Hüllenmaterial ist zwar schwer entflammbar, aber reparieren muss man es auf jeden Fall. Das wird teuer“. Und viel schlimmer: Fahrten, und damit Einnahmen, könnten in dieser Zeit nicht generiert werden. Gäste bei Ballonfahrten, in diesem Fall die vier Nationalpark-Ranger, müssen, wo immer es Sinn macht, also auch beim Aufbau, Hand anlegen. Als der Ballon wie eine „1“ steht, wird es Zeit einzusteigen. Der dicke Mönch, das weithin bekannte Logo von Alpirsbacher Klosterbräu, lacht von der Hülle; fast scheint es, als zwinkere er den Luftfahrern zu. Der Ballon will endlich abheben, die Warmluft im Inneren der Hülle würde es ihm gestatten. Doch noch immer ist er an das Begleitfahrzeug „gefesselt“. Als alle Insassen den stabilen Korb bestiegen haben, wird das Halteseil gelöst und vollkommen geräuschlos entschwindet das behäbige Luftfahrzeug, nur ab und an wird die Stille durchbrochen durch das Fauchen des Brenners, der weitere Warmluft zuführt und damit den Auftrieb des Ballons erhöht. Gemächlich geht es dahin, zunächst entlang des Flüsschens Murg, danach steigt Beck etwas höher und erwischt eine Luftströmung Richtung Pfalzgrafenweiler. Es ist eine entspannte Fahrt, der Sonne entgegen. Auch für die Ranger: „Ich war schon etwas gespalten, weil mir Bekannte von unsanften Landungen berichtet hatten. Aber es war alles super“, sagte Robert Ruckenbrod. Abgesehen von dem „atemberaubenden Erlebnis“, von dem die Ranger unisono berichteten, mischten sich auch nachdenkliche Töne in die Kommentare. Er habe viele geschädigte Kiefern gesehen, sagte Franz Doll. „Und ich wusste gar nicht, dass die Landschaft total zersiedelt ist. Das merkt man auf dem Erdboden nicht.“ Es sei zudem unglaublich, wie zerschnitten der Wald von zahllosen Waldwegen sei. Für die aus der Umgebung stammend Annette Söllner war es ein Heimspiel. „Total genial, ich habe alles erkannt!“
Heißluftballone
Heißluftballone rühren die Menschen an. Wenn sich ihre bunte Pracht durch Warmluft entfaltet, wenn sie majestätisch und weitgehend geräuschlos mit der Luft gleiten, wenn sie – vielleicht in Vielzahl zusammen – nicht nur Kinderaugen erfreuen. Firmen wie Alpirsbacher Klosterbräu haben diesen emotionalen Werbewert längst erkannt, kaufen sich einen Ballon, „branden“ ihn, wie man das Versehen mit Werbung neudeutsch bezeichnet, und stellen ihn einem professionellen Ballonfahrer zur Verfügung. Dieser setzt den Ballon so häufig wie möglich ein und muss eine abgesprochene Anzahl Fahrten dem Werbepartner, in diesem Fall Alpirsbacher, zur Verfügung stellen. Markus Schlör, Geschäftsführer der heimischen Brauerei, ist von Heißluftballonen als Werbeträger überzeugt: „Es ist schon der dritte Ballon, den wir einsetzen“. Auch wenn die Werbefläche der Ballone in weiter Höhe oft nur schwer oder gar nicht zu erkennen ist, tut dies Schlörs Überzeugung keinen Abbruch: „Mir geht es um Emotionen. Die Ballone sind ein Hingucker und für unsere Gäste ein unbeschreiblich schönes Gefühl. Darauf kommt es an“.
Einen besonderen Reiz übt das sogenannte Ballonglühen aus. Dabei gehen die Ballone nicht in die Luft, sondern bleiben am Abend, wenn es dunkel wird, mit Warmluft gefüllt am Boden. Und jedesmal, wenn der Ballonfahrer den Brenner bedient und die riesige Flamme züngelt, erstrahlt der Ballon in hellem Licht. Jahr für Jahr ist dieses Spektakel mit zahlreichen Ballons auch beim Feuerwerksfestival „Flammenden Sterne“ in Ostfildern zu bewundern, bei dem Alpirsbacher Klosterbräu seit vielen Jahren Partner ist.