Der Fachbereich 2 ist für die naturwissenschaftliche Forschung im Nationalpark zuständig – mit Weile statt Eile, denn der Nationalpark entwickelt sich über viele Menschenleben hinweg.
Manchmal sind viel Geduld und noch viel größere Begeisterung für die Natur im Arbeitsalltag unerlässlich – etwa, wenn Walter Finkbeiner im Frühjahr wieder zur Auerhuhn-Zählung aufbricht. „Dieses Jahr saß ich 14 Tage am Stück täglich bis zu zehn Stunden auf meinem Beobachtungsposten“, so Finkbeiner. So bewegungslos wie möglich, versteht sich, denn die Auerhühner verschwinden sofort, wenn sie sich gestört fühlen. Da der Schutz der seltenen Vögel im Nationalpark oberste Priorität hat, ist diese Aktion deshalb ausschließlich zur wissenschaftlichen Erfassung des Auerhuhn-Bestandes erlaubt. „Um zwei Uhr geht es in den Park, um vier Uhr früh sitze ich in meinem möglichst bequemen Beobachtungsposten, und gegen sechs Uhr etwa geht es los: erst die Baumbalz, dann die Bodenbalz“, erklärt der begeisterte Vogelkundler Walter Finkbeiner. „Nach 14 Tagen komme aber dann selbst ich an meine Belastungsgrenzen“, schmunzelt er.
Unberührte Natur: Kernzone wird zum Paradies für Forscher
Finkbeiner ist einer von elf Mitarbeitern im Fachbereich 2, der naturwissenschaftlichen Forschungsabteilung im Nationalpark Schwarzwald, und hier für das ökologische Monitoring zuständig. Aber was beobachtet man in einem Wald, der in der Kernzone ab sofort auf sich allein gestellt bleibt – dessen Entwicklung sich aber über Jahre, Jahrzehnte, Jahrhunderte hinziehen wird? „Wir bereiten die Forschung hier im Nationalpark so sorgfältig es geht vor“, so Dr. Marc Förschler, Zoologe und kommissarischer Leiter des Fachbereichs. „Zu Beginn haben wir erstmal die Kernzonen definiert. Das sind derzeit etwas mehr als 3.000 Hektar, also ein Drittel des gesamten Nationalparks, die unter Prozessschutz stehen. Das ist das Herzstück des Nationalparks – und unseres Fachbereichs.“
Die Kernzone ist ein Paradies für Zoologen, Botaniker, Geologen und andere Naturwissenschaftler – hier greift der Mensch ab sofort nicht mehr ein, die Natur entwickelt sich frei und ungeplant. Aber eben nicht undokumentiert, denn das Projekt soll unter anderem Daten für den Naturschutz liefern. „Wir müssen überlegen, was wir langfristig beobachten wollen. Da ist es auch hilfreich, wenn Forschungsgruppen von Universitäten und anderen wissenschaftlichen Einrichtungen hier ihre Untersuchungen machen und uns die Ergebnisse zur Verfügung stellen“, so Förschler. Das kann dazu führen, dass eine Gruppe Basisdaten liefert, auf denen der Fachbereich ein Langzeitmonitoring, eine dauerhafte Überwachung und Datenerhebung aufbauen kann. Oder es werden Ansätze verworfen, weil sie nicht vielversprechend genug sind.
„Wir können zudem auf die Daten unseres GIS-Labors zurückgreifen, wenn wir unsere Projekte planen“, so Förschler. Das Geoinformationssystem (GIS) liefert beispielsweise dreidimensionale Geländemodelle und andere Geodaten. Die drei Mitarbeiter des GIS-Labors, Silke Petri, Christoph Dreiser und Sönke Birk, sind zudem für die Dokumentation des Klimawandels zuständig. Dazu werden derzeit kleine Klimastationen über das ganze Gebiet des Nationalparks verteilt, damit dieser Wandel verfolgt und mit der Entwicklung der Arten verglichen werden kann. „Es ist wichtig zu wissen, dass durch den Klimawandel alles im Fluss bleibt: Es kommen Arten dazu, es gehen welche“, erklärt Förschler den Zusammenhang.
„Momentan sind die wichtigsten Arten, die wir beständig beobachten werden, der Sperlingskauz, der Dreizehenspecht und das Auerhuhn.“ Dass das alles Vögel sind, ist für Förschler auch persönlich ein glücklicher Zufall: „Es gab früher nur zwei wichtige Dinge für mich: Vögel beobachten und Fußball spielen“, erzählt der gebürtige Kniebiser. Die Leidenschaft für die Vögel zieht sich wie ein roter Faden durch sein Leben, über Studium, Promotion, Post-Doc-Stellen bis ins Naturschutzzentrum am Ruhestein, dessen Mitarbeiter bei Gründung des Nationalparks übernommen wurden. Ein Traumjob für den Zoologen. Doch die Feldarbeit muss bei einem Großprojekt wie dem Nationalpark auch manches Mal zurückstehen.
„Zu unseren Aufgaben gehört auch, Forscher, die von außerhalb kommen, oder Projekte mit anderen Fachbereichen hier im Nationalpark selbst zu koordinieren. Wir organisieren Spezialführungen und halten Seminare für Fachleute. So geben wir unser Naturschutzwissen weiter.“ Bei all diesen Aufgaben ist auch Carmen Richter eine große Hilfe: Sie hat als ehemalige Europasekretärin beste Kenntnisse, um nicht nur den Fachbereich, sondern auch internationale Anfragen zu managen. Außerdem kümmert sie sich um die Öffentlichkeitsarbeit und gibt interessante Informationen an die Pressestelle des Nationalparks weiter.
„Wir haben hier im Nationalpark tolle Voraussetzungen für unsere Arbeit – wir sind gut ausgestattet, die Zusammenarbeit mit den anderen Fachbereichen des Parks und mit Forschungseinrichtungen weltweit läuft gut“, weiß Förschler seinen Job zu schätzen. Ob er seine Aufgabe richtig angeht und der Fachbereich die richtigen Ansätze für das Monitoring findet, wird er in seinem Leben allerdings nicht mehr erfahren: „Erst wenn die in 100 Jahren sagen, das haben die damals gut angefangen, dann haben wir gute Arbeit geleistet!“
(Fotos: Nationalpark Schwarzwald, Christopher Wünsche; Grafik: Zeitwerk)