Die waldfreien Bergheiden, Grinden genannt, sind charakteristisch im Schwarzwald und wichtiger Lebensraum für viele Tiere und Pflanzen. Doch sie müssen gepflegt werden, um erhalten zu bleiben – auch im Nationalpark.
Dichter Wald, Felsen, Bäche und Seen – das ist der Nationalpark Schwarzwald. Hier sorgt nur mal ein Sturm für freie Flächen und schafft Platz für neuen Bewuchs. Das ist das Konzept des Parks: Ohne Einwirkung des Menschen soll der Schwarzwald Stück für Stück ursprünglicher, wilder werden. Doch es gibt auch Flächen, die wichtig sind für das ökologische Gefüge – und nur in Maßen sich selbst überlassen bleiben dürfen, will man sie nicht verlieren: die Grinden. Diese Feuchtweiden gehören zu den großen Besonderheiten im Nationalpark Schwarzwald.
Der spezielle Lebensraum der waldfreien Grinden ist Heimat für viele seltene Pflanzen und Tiere, wie zum Beispiel Rauschbeere oder Kreuzottern. Wild und von rauer Schönheit erinnern die mit Latschenkiefern, Beersträuchern, Rasenbinse, Heidekraut und Pfeifengras bewachsenen Flächen an Landschaften in Skandinavien. „Diese wilde Landschaft hat aber einen Großteil ihrer Entstehung menschlichen Tuns zu verdanken“, sagt Nationalparkleiter Wolfgang Schlund. Schon im 14. Jahrhundert wurden die Hochlagen von den Talbauern gerodet und mit Hinterwälder Rindern und Ziegen beweidet. „Das Zusammenspiel der jahrhundertelangen Beweidung und Brandrodung, die hohen Niederschläge und schließlich der geologische Untergrund mit Buntsandstein haben die Grinden zu dem gemacht, was wir heute kennen und schätzen“, erklärt Schlund.
Heute sind von den einstmals 2.000 Hektar Grindenfläche nur noch rund 200 Hektar übrig geblieben, die weiterhin durch die Beweidung mit Hinterwälder Rindern und widerstandsfähigen Schafrassen offen gehalten werden. Auf den Flächen zwischen Alexanderschanze und Ruhestein ist Schäferin Ute Svensson für die Freihaltung der Grinden zuständig. Ihr liegt das Schäferdasein im Blut, hat doch schon ihr Vater mit seinen Herden sein Geld verdient. Seit 18 Jahren schon beweidet sie mit ihren rund 1.000 Tieren verschiedene Landschaften. „Auf den Grinden ist es eher stressig für uns Schäfer“, erzählt sie. „Unser Tag beginnt gegen acht Uhr und kann lange dauern, nicht selten bis 22 oder 23 Uhr.“
Svenssons Herde beweidet rund 100 Hektar Grindenfläche. Dafür braucht sie acht bis neun Wochen – und wird in dieser Zeit natürlich von Spaziergängern und Gästen des Schliffkopfhotels besucht und bestaunt, denen der Beruf des Schäfers meist eher fremd ist. Auch zum Grindenfest, das jedes Jahr im August stattfindet, ist Ute Svensson vor Ort und erzählt Besuchern vom Schäferleben.
Doch obwohl die Erhaltung der Grinden aufwändig ist, sollen sie im Nationalpark sogar noch vergrößert werden. „Wenn wir die Grindenflächen erweitern und zusammenführen, wird für Tiere wie Wiesenpiper, Kreuzotter oder Alpine Gebirgsschrecke auch wieder ein Austausch der Populationen möglich“, nennt Marc Förschler, Leiter der Abteilung für Ökologisches Monitoring, Forschung und Artenschutz, einen wichtigen naturschutzfachlichen Grund für die Erweiterung. Geplant ist, die kleinen Gindenflächen in der Managementzone entlang der B 500 zwischen Alexanderschanze und Ruhestein zu einem Grindenband zusammenzuführen. Ute Svensson soll es recht sein – ihr wird die Arbeit ganz sicher nicht ausgehen, und sie ist gerne auf den Höhen des Schwarzwaldes unterwegs.
Forschungsfeld Grinde
Nicht nur die Schäferin ist auf den Feuchtweiden unterwegs – auch Biologen betreiben hier Feldforschung. So wie Dominique Aichele von der Universität Kiel. Für ihre Masterarbeit beobachtet sie gefährdete Vogelarten, die in diesem besonderen Naturraum zwischen Alexanderschanze und Ruhestein vorkommen. Ihr Augenmerk liegt auf den die für die Freiflächen besonders bedeutsam und daher schützenswert sind. Durch ihre Beobachtungen an 27 definierten Stellen versucht sie herauszubekommen, welchen Bewuchs die hier lebenden Vögel nutzen, um zu rasten und zu brüten. Letzteres hat sie vor allem an Baum- und Wiesenpiepern untersucht, die auf freie Flächen angewiesen sind. „Insbesondere der Bestand des Wiesenpiepers ist in den letzten Jahren immer weiter zurückgegangen“, erklärt sie. „Und es ist wahrscheinlich, dass auch für den Baumpieper der Lebensraum auf den Grinden knapper werden könnte, wenn das natürliche Zuwachsen der Grinden fortschreitet.“ Die Auswertung ihrer Daten wird auch den Nationalparkmitarbeitern helfen, geeignete Maßnahmen zu entwickeln, um die Grindenflächen langfristig als Lebensraum für gefährdete Vogelarten zu erhalten.
(Fotos: Arne Kolb, Franziska Schick)