Stapel, nein, Berge von Holz lagern in Seebach vor der alten Zimmerei. Kantig, rund, dick, dünn, Pfosten, Bretter… Wo soll das alles verbaut werden? Der Nationalpark soll doch wilder werden – Natur pur auf den Höhen des Schwarzwalds. Ein Wegenetz gibt es schon. Und ein Nationalparkzentrum mit Besucherinformation ist im Bau. Braucht es sonst noch was, um die Natur für Besucher erlebbar zu machen? Eine ganze Menge!
Schilder, Bänke, Tische, Wegbefestigungen, Brücken, Unterstände, Gehege, Zäune… Dafür braucht man Holz. Und die Handwerker dazu, die das Holz verarbeiten können. Und tatsächlich treffen wir hier in der alten Zimmerei auf Schreinermeister Michael Hall (Bild). Er hat die Leitung der Zimmerei im Nationalpark inne und versucht, gemeinsam mit seinen Mitarbeitern den zahllosen Anfragen nachzukommen, um die Infrastruktur des Parks weiter auszubauen oder instand zu halten.
„Anfangs hatten wir noch nicht ganz so viel zu tun – aber das war, bevor alle Mitarbeiter mitbekommen haben, was wir hier leisten können“, so Hall. Die Nachfrage wurde größer, nachdem bekannt wurde, dass man der Schreinerei beispielsweise nur einen Schriftzug für die CAD-Fräse schicken muss, wenn man alsbald ein sauber gearbeitetes Holzschild in Händen halten will. Und Michael Halls Team ist auch schnell mal zur Stelle, wenn eine Sicherung nötig ist oder ein Ersatz für morsche Bauteile gefunden werden muss.
Inzwischen haben Schreiner Hall, die beiden Zimmerleute Stefan Huber und Hans Peter Steimle sowie ein Bundesfreiwilligendienstler alle Hände voll zu tun. „Ich könnte locker sieben oder acht Personen beschäftigen mit den Arbeiten, die im Nationalpark so anfallen“, erzählt Hall. „Viele Aufträge vergeben wir deshalb an die Betriebe der Region.“ Auch wenn bestimmte Maschinen oder ganz andere Gewerke gefragt sind, werden regelmäßig Arbeiten vergeben: „In den letzten beiden Jahren waren das beispielsweise Arbeiten aus den Bereichen Blechnerei, Fensterbau, Elektrik, Gas und Wasserinstallation, KFZ Mechanik, Schlosserei, aber auch Erdarbeiten, Transport von Baumaterial und Kranarbeiten. Außerdem gibt es Firmen, die uns Werkzeuge, Maschinen, Ersatzteile, Werkstoffe oder Schärfdienste leihen oder verkaufen.“
Im Winter unterstützen auch die Forstwirte das Team in der Zimmerei, wenn es im Wald für sie nicht so viel zu tun gibt. Jeder, der hier in der Zimmerei aushilft, muss allerdings erstmal eine Ausbildung an den Maschinen wie Gabelstapler, Fräsen und Sägen machen, um damit umgehen zu dürfen. „Und natürlich muss jeder, der hier arbeitet, auch in Erster Hilfe fit sein“, so Hall. Holzverarbeitende Maschinen sind eben auch nicht ungefährlich.
Sommers wie winters geht’s richtig rund: „Wir bauen hier im Park die Infrastruktur auf und müssen sie natürlich auch erhalten, es gibt also immer eine lange Liste an Arbeiten“, meint der Schreinermeister und verweist auf eine große Wandtafel, auf der zumindest die langfristig geplanten Projekte im Kalender fixiert sind. Viel Luft ist hier nicht zu sehen. „Dazwischen müssen wir dann noch brandeilige Dinge und spontane Anfragen und Ideen unterbringen. Wir sind beispielsweise ja auch für Reparaturen zur Wegesicherung zuständig. Wenn Brücken oder Sicherungsgeländer oder Schutzhütten morsch werden, muss es auch mal sehr schnell gehen.“
Im Park selbst halten vor allem die Förster und Ranger die Augen offen und melden es Hall und seinem Team, wenn etwas gerichtet werden muss. Oder sie haben Ideen, was vielleicht noch fehlt oder sinnvoll wäre – wie neue Sitzgelegenheiten oder Holzplattformen an besonders stark begangenen Wegen. Und manchmal baut Hall in der Schreinerei auch Muster von Nistkästen oder Vogelhäuschen – damit die Pädagogen und Ranger des Parks eine Vorlage für ihre Veranstaltungen haben.
Zu den bereits umgesetzten Großprojekten gehören die Gehegehütte und die Rangerstation im Tonbachtal. „Solche Bauten machen uns nicht nur Arbeit, sondern auch sehr viel Freude – wo kommt man in der freien Wirtschaft schon mal an ein solches Projekt? Oft hat man es heutzutage mit vorgefertigten Hölzern für den Dachstuhl zu tun, die ein Zimmerer nur noch zusammensetzt. Hier machen wir alles in Eigenregie, planen, schneiden Hölzer zurecht und passen die Konstruktionen zusammen – so entsteht ein ganzes Gebäude komplett aus Holz.“ Auf ein sauber ausgeführtes Projekt können Michael Hall und seine Zimmerer-Kollegen dann mit Recht auch stolz sein.
Wochen später treffen wir sie bei einem weiteren Großprojekt an, das gerade noch in Arbeit ist: der Spechtpfad. Sie sind dabei, den etwa einen Kilometer langen Holzsteg vom Parkplatz Lotharpfad aus in den hier neu entstehenden Wald hinein zu bauen. Michael Hall erklärt: „Auf dieser Fläche hatten wir den Borkenkäfer. Der hat für das Lichten des Waldes gesorgt und viel liegendes und stehendes Totholz hinterlassen. Das ist ein idealer Lebensraum für Spechte. Auf dem neuen, möglichst barrierefreien Erlebnispfad können Besucher viel über Spechte erfahren – und vielleicht auch den einen oder anderen Specht sehen, anstatt wie sonst meist nur sein Klopfen zu hören.“
Insgesamt werden Hall und sein Team hier etwa 300 Festmeter Holz verarbeiten, das ist in etwa die Menge, die auf sechs bis acht Tieflader passt. Gesamtzeit für den Bau: rund 54 Wochen. Die bereits fertigen und freigegebenen Teile des Weges sind schon rege in Benutzung. „Hier kann ich meine Frau im Rollstuhl ein Stück weiter in die Natur schieben, da ist sie endlich mal wieder mittendrin“, lobt ein Besucher die Bemühungen der Handwerker, diesen speziellen Pfad mal eine Spur weniger wild im ansonsten eine Spur wilderen Nationalpark zu errichten.
Zimmern und Schreinern
Zimmerei und Schreinerei sind holzverarbeitende Berufe. Zimmerleute fertigen, errichten und reparieren Bauwerksteile, wie Dachkonstruktionen, Fachwerk, Balkone und Veranden. Auch im Innenausbau wird das Handwerk gebraucht. Wandverkleidungen, Fußböden oder Treppen gehören hier dazu. Natürlich können sie auch ganze Bauwerke aus Holz errichten – ein Haus, das ganz aus Holz erbaut wird, ist heutzutage aber eher selten. Die Zimmerei ist das ältere der beiden Handwerke – die Schreinerei oder Tischlerei spaltete sich im 14. Jahrhundert als eigener Berufsstand ab. Die Besonderheit: Nur Tischler durften Hobel als Werkzeug und Leim als Verbindungsmittel benutzen. Sie fertigen beispielsweise Fenster und Türen, Wand- und Deckenvertäfelungen und natürlich: Möbel.
Was sind das für Zeichen, mit denen Zimmerleute die Balken markieren?
In alten Fachwerkhäusern sieht man sie oft noch gut: rätselhafte Striche und Schnörkel, eingeritzt oder eingebrannt auf den großen Dachbalken. Diese Markierungen heißen Abbundzeichen oder Bundzeichen. „Abbund“ heißt es, weil früher die Balken tatsächlich mit Weidenruten zusammen gebunden wurden. Das kann man bei den Pfahlbauten am Bodensee noch sehen. Seither bezeichnen Zimmerleute es als „abbinden“, wenn sie Balken und Holzverbindungen bearbeiten und zurechtsägen, sodass die Balken am Ende auf der Baustelle nur noch passgenau zusammengesetzt werden müssen. Um da nicht durcheinander zu kommen, markieren sie jedes Bauteil mit Buchstaben, Ziffern und Symbolen. So können sie beim Aufrichten gleich sehen, welcher Balken wohin gehört. Eine Besonderheit bei der Kennzeichnung mit römischen Ziffern: Die Zahl 4 wird nicht als „IV“, sondern als „IIII“ markiert, um Verwechslungen (mit „VI“) zu vermeiden. Ebenso wird die Zahl 9 als „VIIII“ statt als „IX“ markiert.
Was ist ein Festmeter?
Ein Festmeter ist ein typisches Raummaß für Holz. Ein Festmeter bezeichnet einen Kubikmeter pures Holz, also ohne Zwischenräume in der Schichtung. Für die Berechnung eines Festmeters muss jeder einzelne Stamm bzw. jedes Stammstück vermessen werden. Eine typische Maßangabe für geschichtetes Stück- oder Scheitholz mit Zwischenräumen ist der Raummeter. Ein Festmeter entspricht etwa 1,4 Raummeter Scheitholz, ein Raummeter Scheitholz entspricht etwa 0,7 Festmeter.