Wie in alten Zeiten
„Hopp, auf jetzt!“, „Hischt!“, „Zurück!“, „Hott!“, „Brrrr!“: ungewöhnliche Kommandos schallen über die Fläche – Pferderücker Tobias Vogt und seine Schwarzwälder Fuchs-Stute Ranka sind im Einsatz! Im Nationalpark sieht man Pferderücker wie ihn recht häufig mit ihren speziell ausgebildeten Zugpferden gefällte Bäume aus dem Wald ziehen. Ist das jetzt Nostalgie, werden hier die handwerklichen Traditionen gepflegt? Nein – Pferderücker-Einsätze sind tatsächlich wichtige Bausteine im Waldmanagement des Nationalparks. „Wir setzen auch Maschinen ein“, erklärt Dieter Dreher vom Forstfachbereich. „Aber Pferde haben einen großen Vorteil: Ihre Hufe verdichten den Boden nicht so sehr wie die auf breiter Fläche aufliegenden Fahrzeuge.“
Pferderücker: Einsatz für das Auerhuhn
Das ist wichtig im Ökosystem Wald. Denn verdichteter Boden nimmt weniger Wasser auf. In Folge kann es zu Staunässe kommen, zu Stickstoffverlust und geringerem Pflanzenwachstum. Und: Im Gegensatz zu Grünpflanzen fühlen sich Pilze plötzlich pudelwohl. Verdichteter Boden bedeutet also eine Störung der natürlichen Waldentwicklung. Und das soll ja gerade auf Nationalparkgebiet so gut es geht vermieden werden. Aber warum überhaupt der Eingriff? „Wir lichten hier auf den Sturmwurfflächen, die der Sturm Lothar zurückgelassen hat, die nachgewachsenen Bäume aus“, beginnt Dreher zu erläutern. Er ist als Gebietsleiter für die Flächen rund um den Schliffkopf zuständig. „Das ist Teil des Aktionsplans Auerhuhn.“ Denn das Auerwild liebt offene Flächen mit niedrigem Strauchbewuchs am Waldrand. Nur als Versteck oder Schlafplatz nutzen sie Bäume.
Ranka ist noch neu im Geschäft
„Wir haben gerade hier im Nordschwarzwald große Auerwildvorkommen. Eine Aufgabe des Nationalparks ist es, diesen Bestand zu schützen.“ Also werden in den Managementzonen des Parks Flächen für das Auerhuhn freigehalten. Im Auerhuhngebiet lichten Dreher und seine Kollegen mehrere Flächen mit einer Größe von 0,1-0,5 Hektar aus. Vorwiegend Fichten kommen raus, während Tannen, Vogelbeeren oder Buchen eher stehen gelassen werden. Zwischen diesen Lichtungen werden Korridore freigeräumt. So kann das Auerwild nach Herzenslust durch sein Revier streifen. Das alles erklärt Dieter Dreher, während wir dem Pferderücker bei der Arbeit zuschauen. Ranka hat schon einige der gefällten Fichten abtransportiert. Sie ist mit ihren 17 Jahren zwar nicht mehr ganz jung, aber das Rücken ist für sie noch ziemliches Neuland. „Seit einem Jahr ist sie jetzt bei uns“, erzählt Anita, Tobias Frau. „Vorher hat sie Kutschen gezogen, zum Rückepferd hat Tobias sie gerade erst ausgebildet.“
Geduld ist gefragt
Entsprechend geht die Arbeit natürlich nicht so schnell voran wie bei einem schon lange eingespielten Team. Aber Ranka gibt sich Mühe – und hat offensichtlich großen Spaß an der Arbeit. Wenn da nur nicht dieser Graben wäre… Über den will sie partout nicht auf direktem Weg, sucht sich eine Stelle, die sie lieber überquert. Tobias bleibt geduldig. Er weiß: „Wenn Ranka drei, vier Mal hier rauf und runter gegangen ist, dann fällt es ihr leichter.“ Wie viele Bäume hat sie denn noch vor sich? „Das hier sind nicht viele. Vielleicht 50, 60 Stück über den Hang verteilt“, so Dreher. „Da warten noch weit größere Flächen auf die beiden, die sie freiräumen müssen.“ Aber auch das wird Ranka schaffen – bekanntlich macht ja auch erst Übung den Meister. Und dann warten nach so einem Einsatz bestimmt auch Leckereien auf die Stute? „Tja, sie mag schon gerne auch mal Hafer und Müsli“, lacht Anita. „Aber ganz besonders liebt sie Karotten – und im Sommer natürlich frisches Gras.“ Ganz klar, Ranka: das sei dir gegönnt!