Wer macht sich schon Gedanken über die Namen von Orten, Plätzen, Landschaften? Vermutlich kaum jemand, aber viele der Bezeichnungen im Nationalparkgebiet haben oder erzählen eine Geschichte. In unserer Serie stellen wir einige davon vor. Diesmal:
Ruhestein…
Zwischen dem Tal der Rotmurg und dem Kappler Tal, dem heutigen Achertal, bestand schon seit „urdenklicher“ Zeit eine Verbindung durch Saumpfade. Diese Verbindung führte über die Passhöhe des „Ruobsteines“, der Grenze zwischen dem Herzogtum und späteren Königreich Württemberg und dem Fürstbistum Straßburg. Später gliederte Napoleon dessen rechtsrheinische Besitztümer in das neugeschaffene Großherzogtum Baden ein. Heute bildet der Ruhestein immer noch die Grenze zwischen Württemberg und Baden. Er war im wahrsten Sinne des Wortes ein „Ruhstein“ (mittelhochdeutsch: Ruobstein). Denn die Händler und Bauern, die mit ihren Kraxen (Rückentragen) den Pfad begingen, um Handel oder Tauschgeschäfte zu betreiben, konnten auf der Passhöhe auf dem dort bereits seit der Eiszeit liegenden riesigen Sandsteinfindling ihre Traglasten absetzen, um vor dem beschwerlichen Abstieg in die Täler auszuruhen. Erst zwischen 1815 und 1818 wurde ein steiler Holzabfuhrweg zwischen den beiden Tälern gebaut, um Holz aus den schwer zugänglichen Wäldern des Ruhesteingebietes in die Täler abfahren zu können.
…und Unterstmatt
Sprechen Einheimische heute von der Unterstmatt, meinen sie entweder das ehemalige, bis in die 70er Jahre des vorigen Jahrhunderts hinein renommierte Hotel gleichen Namens, das 1905 von einem Karl-Anton Müller als „Gasthaus mit Übernachtungsmöglichkeit“ erbaut wurde. Oder vom Skizirkus, der im Nordschwarzwald jährlich von Tausenden von Ski- und Snowboardfahrern frequentiert wird. Weniger bekannt ist die Bedeutung des Namens, der auf die Zeit der Beweidung der Grindenflächen des Nordschwarzwaldes und die intensive Holznutzung zurückgeht. Bereits seit Ausgang des 13. Jahrhunderts ist die Beweidung großer Flächen der Höhengebiete belegt. Um Weideflächen zu schaffen, wurden die lückig mit Tannen, Buchen und teilweise Latschen bestandenen Hochflächen und flacheren Hänge brandgerodet, um die so geschaffene „Almfläche“ durch Schafe, Ziegen und insbesondere auch Hinterwälder-Rinder beweiden zu können. Das Vieh wurde aus den Talbereichen, wie Sasbachwalden oder Lauf, über Viehtriebe (Horngassen) auf die Hochflächen getrieben, wo es über die gesamten Sommermonate auf den Grindenflächen blieb, bewacht von Hütejungen. Der Name selbst hat nichts mit „unten“ oder „zuunterst“ zu tun. Er leitet sich ab von einer Matte (Wiese), auf der das Weidevieh
der Grindenflächen „unterte“, das heißt zur Mittagszeit (althochdeutsch „untern“ = Mittag) ruhte, um gemächlich wiederzukäuen.
Text: Ernst Kafka
Bilder: historisch / Nationalpark Schwarzwald, Thomas Dobrzewski