Wer macht sich schon Gedanken über die Namen von Orten, Plätzen oder Landschaften? Vermutlich kaum jemand, aber viele der Bezeichnungen im Nationalparkgebiet haben oder erzählen eine Geschichte. In unserer Serie stellen wir einige davon vor. Diesmal:
das Hotel und Gasthaus „Zuflucht“.…
Fährt man von Oppenau aus über die uralte „Oppenauer Steige“ auf das Hochplateau des Kniebis, so erblickt man auf der Höhe des Rossbühls auf der rechten Straßenseite das stattliche Gebäude des ehemals renommierten Höhenhotels „Zuflucht“, das nach wechselvoller Geschichte heute wieder „Zuflucht“ für Wanderer und Besucher des Nationalparks Schwarzwald ist.
Die Ursprünge des einstmals international bekannten Hotels reichen zurück bis in die Zeit der Säkularisation in der napoleonischen Ära. Damals kam die Stadt Oppenau im Jahre 1806 in den Besitz des dortigen Hochwaldgebietes, das bis dahin dem Fürstbistum Straßburg gehörte. Um das abgelegene Waldgebiet nutzen zu können, ließ Oppenau im Jahre 1808 in der rauen abgeschiedenen Gebirgseinsamkeit eine Schutzhütte für die auf dem „Rossbühl“ tätigen Holzhacker, Hirten und sicher auch für das Vieh errichten. In alten Aufzeichnungen wurde sie auch als „Plochhütte“ bezeichnet.
Nach und nach entwickelte sich aus dieser einfachen Schutzhütte eine bewohnbare Unterkunft, der ab 1832 eine so genannte „Buschwirtschaftsgerechtigkeit“ zuerkannt wurde, eine Art Schankrecht. Die Stadt Oppenau verpachtete die Hütte als Buschwirtschaft zu einem Pachtzins von jährlich 136 Gulden an eine Familie Beiser. die das kleine bescheidene Gasthaus so hervorragend führte, dass die Buschwirtschaft unter dem Synonym „Zum Beiser“ in weitem Umkreis bekannt wurde. Stellte sie doch in einer einsamen, von jeglicher Zivilisation abgeschnittenen Gegend eine Zuflucht dar für Waldarbeiter, Hausierer, Kutscher, Hirten, Wanderer und viele andere.
Insbesondere in den damals harten Wintern mit Schneestürmen und bitterer Kälte war sie die einzige Unterkunft in weitem Umkreis. Gerade im Winter streifte der Beiserwirt täglich und oftmals auch nachts durch die Gegend, um verirrten oder gar verunglückten Fuhrläuten, Händlern oder Krämern Hilfe zu leisten und eine Unterkunft zu bieten. So rettete Beiser im strengen Winter des Jahres 1837 vier Menschen – württembergische Händler, die vom Oberkircher Nikolausmarkt zurückkehrten – aus Todesnot. Hierfür erhielt er vom Großherzog Leopold von Baden die Goldene Verdienstmedaille nebst 150 Gulden. Auch König Wilhelm I. von Württemberg sandte ein Belobigungsschreiben nebst einem Geldgeschenk.
Für die Buschwirtschaft „Zum Beiser“ hat sich durch diese Begebenheit nach und nach der Name „Zuflucht“ durchgesetzt. Doch erst mit dem Verkauf des Gebäudes durch die Gemeinde Oppenau im Jahr 1907 begann die sehr erfolgreiche Ära als weithin bekanntes Höhenhotel, die über lange Zeit anhalten sollte. Nach dieser Epoche befand sich in dem Gebäude viele Jahre eine Jugendherberge, die 2006 wegen gesunkener Übernachtungszahlen schließen musste. 2009 übernahm Familie Ritter das Haus und renovierte es. Seitdem führt er es mit seiner Familie als Natur- und Sporthotel „Zuflucht“.
Text: Ernst Kafka
Bilder: historisch / Nationalpark Schwarzwald, Thomas Dobrzewski