Am 20. Dezember 2015 hat die Verwaltung des Nationalpark Schwarzwald Fördermittel zur Umsetzung der Ausstellung für das geplante Besucherzentrum bei der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) beantragt. 32 Seiten und weitere 15 Anhänge, deren Erstellung von Ausgestaltung über Kalkulation bis zur Abstimmung mit allen Partnern einige Wochen in Anspruch genommen hat. Bereits am 22. März 2016 wurde der Förderbescheid der DBU zugestellt, die Gelder in Höhe von 972.500 Euro bewilligt. Sie decken 50 Prozent der Kosten für die Umsetzung des Ausstellungskonzepts. Alexander Bonde, als Minister in Baden-Württemberg bis 2016 Verfechter des Nationalparks, ist inzwischen Generalsekretär der DBU und beschreibt im Interview die vielschichtigen Aufgaben und seine Liebe zum Nationalpark.
Herr Bonde, was genau macht die DBU eigentlich, was sind ihre Ziele, was ihre Förderschwerpunkte?
Seit 30 Jahren fördern und initiieren wir innovative und modellhafte Vorhaben zum Schutz der Umwelt. Dabei geht es vor allem um Lösungen mit direktem Praxisbezug und mit besonderem Fokus auf die mittelständische Wirtschaft. Seit Stiftungsgründung haben wir mehr als 10.200 Projekte mit rund 1,9 Milliarden Euro unterstützt – von Umwelttechnik und Naturschutz über Forschung und Umweltbildung bis hin zum Kulturgüterschutz. Neben Projekten fördert die DBU auch grüne Start-ups. Und seit jeher kümmert sich die Stiftung um den wissenschaftlichen Nachwuchs – mit zwei verschiedenen Stipendienprogrammen: zum einen Promotionsstipendien, zum anderen unser Fellowship-Programm für Mittel- und Osteuropa. Und mit dem Deutschen Umweltpreis zeichnet die DBU jedes Jahr herausragende Persönlichkeiten und deren Leistungen für Umwelt-, Natur- und Ressourcenschutz aus.
Woher stammen die Mittel der Stiftung?
Im Jahr 1990 privatisierte der Bund die Salzgitter-Stahlwerke. Der Verkaufserlös ging als Kapital in eine privatrechtliche Stiftung – zweckgebunden für Umweltförderung. Die DBU war geboren. Geburtsväter der DBU waren der damalige Bundesfinanzminister Theo Waigel und Prof. Dr. Hans Tietmeyer, seinerzeit Waigels Staatssekretär und später nicht nur erster DBU-Kuratoriumsvorsitzender, sondern ab 1993 auch Präsident der Deutschen Bundesbank. Noch eine andere Persönlichkeit stand Pate bei der Entstehung der Stiftung: Prof. Dr. Horst Köhler, damals ebenfalls Staatssekretär im Bundesfinanzministerium und später Bundespräsident. Das DBU-Stiftungskapital lag anfangs bei 2,5 Milliarden Mark (1,3 Milliarden Euro). Inzwischen sind es 2,3 Milliarden Euro. Die DBU ist damit eine der größten Umweltstiftungen Europas. Das Geld legen wir Tag für Tag immer wieder klug und nachhaltig an. Alles mit dem Ziel, kreative Vorhaben – besonders der mittelständischen Wirtschaft für mehr Umweltschutz – voranzubringen. Unsere Projekte finanzieren wir also mit eigenem Kapital – nicht etwa mit Steuergeld.
Welche Voraussetzungen muss ein Projekt erfüllen, das die DBU fördert?
Unsere Maßstäbe für Förderung sind Umweltentlastung, Innovation und der Modellcharakter eines Vorhabens. Gefragt sind kreative Ideen mit konkreter Umsetzungsperspektive, also alles was innovativ zur Lösung von Umwelt- und Nachhaltigkeitsfragen beitragen kann. Qualität und Expertise sind oberstes Gebot. Wir verstehen uns als Brückenbauerin zwischen Ökologie und Ökonomie und eine Art „Bob der Baumeister“ der Umweltbewegung. Wir wollen dort anpacken, wo Probleme praktisch und aussichtsreich zu lösen sind.
Wie läuft ein solcher Vergabeprozess in Ihrem Haus ab, wer genau entscheidet mit?
In der DBU arbeiten erfahrene ReferentInnen, die sich in ihren Fachgebieten bestens auskennen und über ein großes Netzwerk von Gutachtern verfügen, die uns unterstützen. Dafür sind wir sehr dankbar. In der Stiftung wird interdisziplinär gearbeitet. Sie ist Partnerin der Antragstellenden und qualifiziert Erfolg versprechende Ideen gemeinsam. Kleinere Projekte mit einem Fördervolumen bis 125.000 Euro werden vom Generalsekretär entschieden, über größere Projekte berät das Kuratorium der DBU, das vier Mal im Jahr tagt.
In welcher „Gesellschaft“ befindet sich die Ausstellung des Nationalparks Schwarzwald? Welche ähnlichen Projekte fördern Sie derzeit noch? Und wo reiht sich die Ausstellung des Nationalpark Schwarzwald mit Blick auf die bewilligte Summe von knapp einer Million Euro ein?
Mit einer Fördersumme von fast einer Million ist die Ausstellung im Nationalpark Schwarzwald eines unserer Leuchtturmprojekte der vergangenen Jahre – inhaltlich, aber auch finanziell. Das Thema Umweltbildung ist seit jeher ein zentrales Feld unserer Förderung: In den vergangenen 30 Jahren haben wir in diesem Bereich mehr als 3.700 Projekte mit rund 617 Millionen Euro gefördert. Die DBU entwickelt auch eigene Ausstellungen, häufig in Kooperation mit anderen. Aktuell läuft gemeinsam mit dem Umweltbundesamt die Ausstellung „Planet Gesundheit“ – wegen Corona allerdings inzwischen rein virtuell. Sie beschäftigt sich mit den Zusammenhängen von Gesundheit und Umwelt und geht ab Ende April dieses Jahres bundesweit auf Wanderschaft.
Ist es mit der Ausschüttung von Geldern getan oder arbeitet die DBU mit den Verantwortlichen der geförderten Projekte weiter zusammen?
Wir verstehen uns nicht nur als Geldgeber. Wir sind auch inhaltlicher Partner in den Projekten. Die DBU unterstützt bei der Weiterentwicklung von Ideen und hilft fachlich mit ihren ExpertInnen. Zugleich unterstützen wir durch begleitende Pressearbeit, Publikationen, Veranstaltungen, Messen und vieles mehr, um Innovationen und Projekte in Fachkreisen und Öffentlichkeit bekanntzumachen.
Fördergelder sind ein Mittel der Unterstützung. Wie engagiert sich die DBU darüber hinaus für Umweltbildung, nachhaltige Entwicklung oder Biodiversität?
Unser Leitbild lautet: „Aus unserer ethischen Überzeugung setzen wir uns für den Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen ein: um ihrer selbst willen ebenso wie in Verantwortung für heutige und zukünftige Generationen.“ Die DBU ist also nicht nur Projektförderin, sondern ist auch selbst in die Verantwortung gegangen, um für die Bewahrung des nationalen Naturerbes zu kämpfen: Heute sichert die DBU 71 große Naturschutzflächen. Insgesamt sind das rund 70.000 Hektar für den Naturschutz und die Artenvielfalt in zehn Bundesländern. Zu diesem Naturerbe zählen vor allem ehemals militärisch genutzte Gebiete. Ein geschichtlicher wie ökologischer Glücksfall: Wo ehemals für Kampfhandlungen geübt wurde, sind mittlerweile wertvolle Zufluchtsorte für gefährdete Pflanzen und Tiere entstanden – Orte des Lebens und Denkmale des Friedens.
Sie kennen den Nationalpark Schwarzwald von Beginn an. Die Doppelspitze in dessen Leitung war ihre Idee. Außerdem stammen Sie aus Freiburg. Das sind schon drei Gründe, weshalb Ihnen dieser Park besonders am Herzen liegen könnte. Stimmt das?
Der Nationalpark Schwarzwald ist für mich ein ganz besonderer Ort: aufgrund seiner wunderbaren Natur und Naturerlebnisse, aber auch geprägt durch sehr intensive persönliche Erlebnisse in der mehrjährigen Gründungsphase. Auf dem Weg zur Gründung, den ich als Minister verantworten durfte, gab es einige Phasen, in denen ich mich mit der Nationalparkidee sehr alleine gefühlt habe und persönlichen Angriffen ausgesetzt war. Geholfen hat da ein fester Glaube das Projekt und der Zuspruch der unverzagten Unterstützerinnen und Unterstützer in der Region. Besonders wichtig und emotional war für mich das direkte Erleben der zu schützenden, wunderbaren Orte im künftigen Nationalpark. Umso schöner ist das Ergebnis: Es hat sich gelohnt. Der Nationalpark arbeitet sehr erfolgreich. Erwartungsgemäß hat er sich in kurzer Zeit enorm entwickelt. Und es ist toll, wie viele Fans von überall er mittlerweile hat.
Sind Sie häufiger im Nationalpark unterwegs? Haben Sie einen Lieblingsort?
Der Nationalpark lohnt immer einen Besuch und hat tolle unterschiedliche Orte und Erlebnisse im Angebot. Der Blick über und in den Bannwald Wilder See fasziniert mich jedes Mal wieder. Und der Abstieg zum See – vorbei an der Großvatertanne – verliert seine fast schon mystische Wirkung auf mich nie. Mit dem Besucherzentrum am Ruhestein und der gelungenen Ausstellung ist jetzt noch ein neuer Lieblingsort dazugekommen!
(Ein Beitrag von Agathe Paglia)