Der Vordenker, Wegbereiter und Verfechter des Nationalparks hat den Freundeskreis von der ersten Stunde an begleitet. Mit dem Nachruf von Annette Maria Rieger möchten wir sein Leben für uns alle spürbar machen.
Im Wald, da war für ihn alles wahr. Daraus hat er ein Selbstverständnis geschöpft, das ihn zum vorbildlichen Mittler für Natur- und Umweltschutz gemacht hat. Als er Ende der 1970er Jahre vom Waldsterben hörte, machte er sich nach Tschechien auf, um eigene Eindrücke von den Folgen und Ursachen des Sauren Regens zu sammeln. Wieder zurück auf seinem Kniebis, wo er seit 1974 das Forstrevier leitete, erkannte er als einer der Ersten: Wenn dem Sauren Regen kein Riegel vorgeschoben wird, stirbt der Wald. Zu der Zeit wurde aus dem Förster und leidenschaftlichen Jäger ein Polit-Aktivist, wie ihn der Nordschwarzwald bis dato nicht kannte. Mit der „Aktionseinheit Waldsterben“ initiierte er in den 1980er Jahren Aktionen und Konferenzen zur Aufklärung in Freudenstadt, die bundesweite Beachtung fanden. Trefz argumentierte mit einem Fachwissen, das sich nicht an behördliche Sprachregelungen hielt.
Sein goldener Ohrring, die großen, schaffigen Hände, eine Stimme, durch die das Rauschen in den hohen Wipfeln der Schwarzwaldtannen zu hören schien und sein von Wetter zerfurchtes Gesicht mit den immer neugierigen, aufmerksamen blau-grauen Augen verliehen ihm ein ausdrucksstarkes Auftreten. Doch Äußerlichkeiten waren für ihn nebensächlich. Er selbst blickte hinter das, was vordergründig wichtig schien. Wusste er doch: Das Wesentliche geschieht für das menschliche Auge unsichtbar; etwa im Boden, in der Luft. Ihm ging es darum, die Grundlagen zu wahren.
Für den Auerhahn ebenso wie für die Ameisen. Bei allem Charisma, mit dem er Fernsehsendungen wie bei Führungen in seinem geliebten Plenterwald beeindruckte, war ihm jede Vereinnahmung fremd. Viel mehr war ihm wichtig, die freie Entfaltung zu fördern. Dem Wald eine Stimme zu geben.
Für das Staatliche Forstamt als seinem Dienstherrn wurde Walter Trefz mit dieser unbeirrbaren Haltung mehr und mehr zum unbequemen, renitenten Rebell. Trefz beharrte etwa darauf: Gift ist Gift, auch wenn es von Behörden als Imprägnierungsmittel deklariert wird. Und er scheute sich nicht, öffentlich zu bekunden: „Politiker sind für den Wald gefährlicher als der Borkenkäfer.“ Trotz Abmahnungen, Arbeitsprozessen, Degradierungen und beruflicher Demütigungen blieb Trefz in seinem Wirken unbeirrt. Der Wald, daran gibt es kein Zweifel, war ihm wichtiger als sein persönliches Fortkommen. Mit ganzer Vehemenz setzte er sich auch weiterhin für die Belange der Natur und des Umweltschutzes ein, nachdem ihn die Forstdirektion 1999 sang- und klanglos in den vorzeitigen Ruhestand verabschiedet hatte. Er führte zahllose Exkursionen, organisierte internationale Studenten-Camps und war immer bereit, sein universelles Waldwissen weiterzugeben.
Walter Trefz gehörte zu den Ideengebern des Nationalparks und wurde spätestens da zu einer Art Nationalheiliger des Schwarzwalds. In der Phase der erbitterten Auseinandersetzungen ging er über alle Anfeindungen und momentanes Gezerfe hinweg, als habe er durch und durch verinnerlicht, dass die Zeitläufe im Wald das menschliche Maß und Denken weit übersteigen.
Umweltminister Franz Untersteller bezeichnete ihn im März dieses Jahres bei der Verleihung des Bundesverdienstkreuzes als „Pionier für den Umweltschutz“ in Baden-Württemberg. Und Walter Trefz konterte mit der Forderung, „dass der öffentliche Wald endlich von seiner auf Holzknecht reduzierten Behandlung erlöst wird. Der Holzweg ist eine Sackgasse für den Wald. Er ist für den Wald ein Irrweg. Die ungestörten Kreisläufe des Waldes sind für uns, unsere Gesundheit, die Zusammenhänge in der Natur und Landschaft bis hin zu unserer Mitwelt und dem Klima unbezahlbar und letztlich überlebensnotwendig.“
araus ist nun ein Vermächtnis geworden. Der Naturphilosoph mit dem warmen Herz vom Kniebis, der so viel Mut machende Wald- und Lebenskundler aus dem Schwarzwald, starb am 29. Juli 2021 in Alter von 82 Jahren bei einem Autounfall. Annette Maria Rieger. Foto: Burkhard Riegels, Buch „Wälderstimmen“