Eine grün-lebendige Oase
Ephraim Kishon, dieser großartige israelische Satiriker, hat die Größe seines Heimatlandes in etwa so beschrieben. Er dürfe sich nicht zu weit aus dem Zug lehnen, weil er sonst schon in Jordanien sei. Es ist halt alles etwas kleiner und schmaler in diesem biblischen Küstenstreifen, der sich von Kirjat Schmona im Norden bis nach Eilat am Roten Meer erstreckt und an seiner schmalsten Stelle nur 15 Kilometer misst. Kaum weite Flächen, zahllose politische, religiöse und militärische Probleme, ein nie zur Ruhe kommendes Leben – und dennoch haben die Israelis gelernt, nicht nur ihren jungen Staat zu schützen, sondern auch die Natur, in der sie leben. Die wechselvolle Geschichte hat sensibilisiert. Obwohl deutlich kleiner als Baden-Württemberg weist Israel mehr als 40 Nationalparks aus, deren größter, der Mount Carmel Nationalpark, 84 Quadratkilometer misst und sich kurz hinter der Hafenstadt Haifa als grüner Höhenzug bemerkbar macht.
„Dein Haupt auf Dir ist wie die Carmel“, heißt es im Hohelied 7:5 als höchste Referenz für die Schönheit des anderen. Fürwahr ein treffender Vergleich, denn gemessen an der beigefarbenen Trockenheit gen Osten nimmt sich das Carmelgebirge als grün-lebendige Oase aus. Das Mittelmeer führt Regie und speist diese an sich trockene Region mit verhältnismäßig häufigen Regenfällen. Die Folge sind grüne Hügel und Täler, Flüsse, dichte mediterrane Wälder und in den halboffenen Gebieten ein üppiger Blumenreichtum. Diese besondere Bedeutung erkennend, wurde das Carmelgebirge, das mit einem Kap oberhalb Haifa seinen imposanten Abschluss findet, bereits 1971 unter Schutz gestellt. Im Carmelgebirge wurde konsequent umgesetzt, was die israelische Natur- und Parkbehörde schon frühzeitig als Leitsätze ihrer Arbeit definiert hat:
- Schutz der Schätze der Natur, der Landschaft und des Kulturlebens
- verbindet Menschen mit Orten und fördert die Verbundenheit mit dem Land
- Schutz der Lebensräume, Ökosysteme, der Tier- und Pflanzenwelt in Naturschutzgebieten
- das besondere Erscheinungsbild typischer Landschaften zum Wohle aller Bewohner zu bewahren
- das Gleichgewicht zwischen wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen und ökologischen Bedürfnissen zu bewahren
- Aufbau einer immer engeren Beziehung zwischen Behörde und Öffentlichkeit
- Beratung der nationalen Politik und Austausch mit Naturschützern in der ganzen Welt.
Insbesondere hat es sich die Parkverwaltung zur Aufgabe gemacht, gefährdete und kurz vor der Ausrottung stehende Tierarten aufzuziehen, auf ein Leben in Freiheit vorzubereiten und wieder auszuwildern. Auf diese Weise soll eine überlebensfähige Population herangezogen werden. Dazu zählen mesopotamisches Damwild, in Israel ausgerottete Rehe, kretischer Steinbock, Seeadler, Geier und auch Feuersalamander. Sie alle sind in Gehegen zu sehen.
Man möchte sagen, alles befand sich im „Grünen Bereich“, ehe das Naturschutzgebiet im Jahr 2010 eine vernichtende Feuersbrunst erlebte. Bei den bisher schlimmsten Waldbränden in der Geschichte Israels starben 42 Menschen und 250 Häuser brannten nieder. Insgesamt wurden 5.000 Hektar Land verwüstet – darunter auch der größte Kiefernwald Israels. Guy Pe’er, der seinerzeit am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) arbeitete, war geschockt: „Ich habe damals zwölf Monate lang die Rückkehr der Pflanzen untersucht und 15 Monate die Wiederansiedlung des Mesopotamischen Damhirschs begleitet. Dabei habe ich gelernt, dass Feuer etwas Natürliches sind und die Natur sich wieder erholen kann, wenn sie nicht wiederholt gestört wird.“ Aber dieses Ausmaß habe alles bisher Dagewesene in den Schatten gestellt. Inzwischen hat eine Erholung eingesetzt, und anstelle der Pinien wachsen nun vermehrt Bäume, die ursprünglich auf dem Carmel heimisch waren.
Erneuter Besuch israelischer Ranger
Mitte Juni besuchten israelische Ranger deutsche Schutzgebiete, unter anderem auch den Nationalpark Schwarzwald. Die Idee wurde 2016 auf dem internationalen Ranger-Kongress in Colorado in den USA geboren: ein internationales fortlaufendes Austausch-Programm zwischen den Rangerverbänden Israels und Deutschlands einzuleiten. Seit 2017 wird das Programm nun mit Leben gefüllt. Nachdem eine erste israelische Gruppe 2017 den Nationalpark Bayerischer Wald besucht hatte, wurde das Programm auch auf den Nationalpark Schwarzwald ausgedehnt. Zudem entstand parallel dazu eine Partnerschaft des Nationalparks Schwarzwald mit dem israelischen Nationalpark „Carmel Mountain“ in der Nähe von Haifa.
Grundsätzliches Ziel dieses jeweils einwöchigen Erfahrungsaustauschs ist die gegenseitige Unterstützung bei der Lösung von Grundsatzfragen in der Rangerarbeit. Die Natur und der Arbeitsalltag der Ranger kennen keine Grenzen, heißt es von Seiten der Nationalparkverwaltung auf dem Ruhestein. Zudem öffnet ein internationaler fachlicher Austausch Horizonte und lenkt den Fokus auf die gemeinschaftlichen Bemühungen zum Schutz und Erhalt der globalen Biodiversität.
Im Rahmen der Arbeit in der Schutzgebietsbetreuung treten unabhängig von Landesgrenzen regelmäßig ähnliche thematische Aspekte bei verschiedensten Themen auf. Im Zuge der Kooperation können die Rangerinnen und Ranger persönlich erfahren, wodurch die Arbeit im selben Berufsfeld in einem anderen Land funktioniert. Während in Israel die Bekämpfung von Wilderei und Wildtiermanagement eine zentrale Rolle spiet, liegt der Fokus in vielen deutschen Schutzgebieten stark auf der Besucherinformation und der Umweltbildung.
Durch den Austausch können die Ranger ihr „Best-Practise“- Wissen aus den Feldern, auf die ihre Arbeit spezialisiert ist, weitergeben und damit eine stetige gegenseitig inspirierte Weiterentwicklung ermöglichen.